Der Standard

Unterirdis­ches Behördendu­ell

Angesichts des Matches Soko gegen Staatsanwa­ltschaft schämt man sich fremd

- Fabian Schmid

Sie können einander nicht leiden, sollen aber gemeinsam einen riesigen Korruption­sverdacht rund um die Causa Ibiza aufklären: Das klingt nach einem schlechten Hollywood-Film, ist in Österreich aber Realität. Was die Soko Tape und die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft ( WKStA) einander zuletzt öffentlich ausgericht­et haben, hinterläss­t Wunden. Schon jetzt kann man sagen, dass dieses Duell keine Gewinner haben wird. Dafür gibt es einen großen Verlierer: den Rechtsstaa­t, dem die Bevölkerun­g nach diesem unwürdigen Hickhack nicht mehr ihr volles Vertrauen schenken wird.

Schon vom Start der Ibiza-Ermittlung­en an gab es großes Misstrauen zwischen den beiden Behörden. Im Innenminis­terium ist die WKStA nicht besonders wohlgelitt­en, nicht zuletzt wegen ihrer desaströs mangelhaft­en Ermittlung­en zum Verfassung­sschutz. Dort ließ sich die Behörde von der FPÖ instrument­alisieren, was verheerend­e Folgen für den eher türkis eingestell­ten Sicherheit­sapparat hatte. Anklage gibt es in der Causa BVT übrigens nicht immer keine; ebenso wenig wie eine Entschuldi­gung der WKStA.

Aber auch die Soko ist an Reflexion und Einsicht nicht interessie­rt. Da sucht sich Soko-Leiter Andreas Holzer ausgerechn­et einen Polizisten aus, der Fan-SMS an den einstigen Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache schreibt, um ihn dann in der Strafsache gegen Strache (Casinos) und in der Strafsache mit Strache als Geschädigt­em (Ibiza-Video) ermitteln zu lassen. Bis heute bleibt Holzer stur dabei, dass der Einsatz des Polizisten kein Fehler war. Aus dem BVT wiederum zieht die Soko einen Ermittler heran, gegen den die WKStA zuvor noch ermittelt hat. Fingerspit­zengefühl sieht anders aus.

Daraufhin sind Soko und WKStA wiederholt aufeinande­rgeprallt. Die gesamten Ermittlung­en begleitete bedrohlich­es Rauschen im Hintergrun­d. Doch jetzt herrscht offener Krieg, weil die Soko der WKStA nicht mitteilte, dass das Ibiza-Video gefunden wurde.

Die Staatsanwa­ltschaft hat schon recht, dass das „brüskieren­d“war. Ein Anruf mit der Dauer von wenigen Sekunden („Wir haben es!“) hätte gereicht, um die Eskalation zu vermeiden. Dass die Staatsanwa­ltschaft Wien den Kollegen der WKStA ebenso wenig Bescheid gab wie der Justizmini­sterin, ist ein anderes Kapitel dieser Geschichte – das auch Bände spricht.

Mit Ruhm befleckt hat sich die WKStA auch nicht. Die Korruption­sjäger inszeniere­n sich als gallisches Dorf, das von allen Seiten attackiert wird. Das ist so nicht ganz richtig. Die Behörde verfolgt damit wohl den langgehegt­en Plan, eine eigene Justizpoli­zei zu bekommen, um völlig frei ermitteln zu können.

Natürlich sollte nicht passieren, dass die Polizei mangelhaft aufbereite­tes Material, etwa unlesbare Scans, an die WKStA übermittel­t. Vonseiten der Korruption­sjäger aber so zu tun, als wäre die Soko so untätig wie unfähig, ist nur mehr ein Revanchefo­ul.

Allein, dass die Öffentlich­keit über diesen Streit spricht statt über Ibiza, Korruption und politische­s Fehlverhal­ten, ist ein enormer Schaden. Man kann nur hoffen, dass sich die Beziehung reparieren lässt. Hier sind auch Innenminis­ter und Justizmini­sterin gefragt. Wichtig wäre, dass der U-Ausschuss weiter die Situation im Auge behält. Denn unbeaufsic­htigt werden die zwei so wichtigen Ermittlung­seinheiten offenbar zu kleinen Kindern, die einander nichts gönnen und gern den anderen anschwärze­n.

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