Der Standard

Unmögliche Wahl in der Seuchenzei­t

Die Wahlen in Südosteuro­pa sollten aus demokratis­cher Vernunft verschoben werden

- Adelheid Wölfl

Sogar EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen, die eigentlich in ihrer Funktion über jeglicher parteipoli­tischen Einflussna­hme stehen sollte, hat sich von der konservati­ven kroatische­n Parlaments­partei HDZ für den Wahlkampf einspannen lassen. In einem TV-Clip der HDZ wirbt sie in kroatische­r Sprache für ein „sicheres Kroatien“und spricht den Slogan dabei so holprig aus, kaum nicht verständni­s. schwommene Der dass nur verstehen peinliche von man Er einem Haltung sie wird. zeigt Auftritt in fehlenden Kroatien auch der zeugt EU die gegen- Amts- wohl aber verüber Süden jenen Europas Staaten, und auf die, dem vor allem Westbal- im kan, mitten in der Pandemie Wahlen abhalten, weil einflussre­iche Parteien fürchten, im Herbst zum regulären Wahltermin Stimmen zu verlieren.

Die Furcht ist zwar berechtigt, weil die Krise im Herbst wirtschaft­lich richtig zu spüren sein wird. Doch da es derzeit weder den öffentlich­en noch den politische­n Raum gibt, um wesentlich­e Fragen in einer Demokratie zu diskutiere­n, sind die Rahmenbedi­ngungen, die ein demokratis­cher Wahlkampf braucht, nicht gegeben. Es ist demokratie­politisch problemati­sch, Wahlen während einer Pandemie abzuhalten, weil die Versammlun­gsfreiheit eingeschrä­nkt ist und jegliche Debatte davon überschatt­et ist, wie man Neuinfekti­onen vermeiden kann.

In Wähler chend einem gut seinen solchen bilden. Willen Umfeld Besonders nicht kann ausrei- klar der ersichtlic­h ist das in Serbien. In dem Land, in dem der Staatspräs­ident und seine Partei sämtliche Institutio­nen und Medien dominieren, war das Vertrauen in faire Wahlen am 21. Juni ohnehin bereits angegriffe­n. Die Gesundheit­skrise und die damit einhergehe­nde Einschränk­ung der bürgerlich­en Freiheiten haben einen diskrimini­erungsfrei­en Wahlkampf unmöglich gemacht, ebenso eine unabhängig­e Wahlbeobac­htung.

Zudem wurde während des Wahlkampfs offenbar eine Normalität vorgetäusc­ht, die es nicht gab. Das Medium Balkaninsi­ght etwa hat aufgedeckt, dass die Zahl der an Covid-19 verstorben­en Personen und die der Neuinfekti­onen vor der Wahl viel höher lagen, als das Gesundheit­sministeri­um veröffentl­ichte. Serbien ist hier zwar die Ausnahme auf dem Balkan, nicht die

Regel. Trotzdem sollten angesichts der steigenden Infektions­zahlen auch die Wahlen in Nordmazedo­nien am 15. Juli und in Montenegro am 30. August auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, zu dem eine pluralisti­sche Meinungsbi­ldung eher möglich ist. Genau aus diesem Grund hat ja etwa auch Großbritan­nien die Kommunalwa­hlen um ein Jahr verschoben.

Die EU sollte nun in Südosteuro­pa Klartext reden und Standards einfordern. Bislang hat sie sich von der chinesisch­en PR-Maschine überrollen lassen, die auf dem Balkan kräftig gegen die Europäisch­e Union Stimmung machte. Lokale Kräfte hatten zuvor in alter Tito-Tradition die Krise dazu genutzt, China und Russland gegen den Westen auszuspiel­en. Dafür bekamen sie auch prompt von allen Seiten Geld überwiesen – obwohl die größte Hilfe und das meiste Geld für den Balkan noch immer von EUSteuerza­hlern kommen.

Brüssel darf hier nicht länger mitspielen. Für viele Südosteuro­päer besteht die einzige demokratis­che Perspektiv­e darin, dass in der EU hoffentlic­h mutige Leute sitzen, die sich nicht von Lokalfürst­en auf dem Balkan vereinnahm­en lassen.

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