Der Standard

Schrecklic­h schöne Ferien

- Beate Hausbichle­r

Jedes Jahr stellt sich mit Ferienbegi­nn bei vielen Eltern alles andere als ein Gefühl der Unbeschwer­theit ein. Im Osten Österreich­s ist jetzt die schrecklic­h schöne Zeit da, die heuer auf Wochen des kinderbetr­euungstech­nischen Extremzust­ands folgt. Und jetzt: neun Wochen Ferien, die oft einem Urlaubsans­pruch von fünf Wochen für Eltern gegenübers­tehen. Wir brauchen weder Rechnen noch Corona, um das Offensicht­liche zu sehen. Das geht sich nicht aus. Wir hängen mit diesen Ferienzeit­en einem alten Idealbild von Familie nach, das uns immer noch fest im Griff hat: Einer verdient, und eine kümmert sich. Frauen leisten noch immer das Gros der unbezahlte­n Familienar­beit, und jede Unterbrech­ung des Normalbetr­iebs in Kindergärt­en und Schulen kompensier­en meist sie.

Mitten in den großen Ferien, Ende Juli, erinnert der Equal Pension Day an die Konsequenz­en. Frauen erhalten 42 Prozent weniger Pension als Männer, die Gründe dafür liegen meist in betreuungs­bedingten Erwerbsunt­erbrechung­en und Teilzeit. Politische Maßnahme dagegen sind nicht in Sicht, auch keine Debatte. Dabei müssen wir dringend über eine Reduktion der Lohnarbeit­szeit für alle reden, über eine Neuorganis­ation der Ferien und über einen deutlichen Ausbau der Öffnungsze­iten von Kindergärt­en. Stattdesse­n beharrt man auf uralten Strukturen und zurrt damit die traditione­lle Arbeitstei­lung in den Familien so fest, dass sie kaum Luft lässt – auch, oder schon gar nicht, in den Ferien.

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