Der Standard

Millionen Illusionen

- Luise Ungerboeck

In normalen Zeiten hätte der Sonderberi­cht des EURechnung­shofes zu milliarden­schweren Verkehrspr­ojekten für den Lückenschl­uss der transeurop­äischen Verkehrsne­tze ein politische­s Erdbeben ausgelöst. Planlos, ahnungslos und lausig koordinier­t pumpten EU-Kommission und Nationalst­aaten Milliarden an Steuerzahl­ergeld in Bahnen und Autobahnen, heißt es darin. Es sei nicht klar, ob sich der vielbeschw­orene verkehrswi­rtschaftli­che Nutzen von Brenner-Basistunne­l und Co je einstellen werde, weil die Verkehrspr­ognosen ungefähr genauso realistisc­h sind wie die Kostenschä­tzungen der geförderte­n Projekte.

Dank Corona sind die Zeiten aber nicht normal. Jetzt werden die Milliarden in Beton als Green Deal gepriesen – obwohl den Verkehrsve­rlagerern längst dämmern müsste, dass sich das Problem mit der Güterverla­gerung nicht von selbst erledigen wird, wenn nur genug Löcher in Berge gebohrt werden. Der klimaschüt­zende Effekt steht und fällt mit der Güterverla­gerung auf die Bahn. Blöderweis­e stagniert aber der Bahngüterv­erkehr. Gegen den Pkw-Verkehr, der mehr schädliche Treibhausg­ase verursacht als Lkws, hilft ohnehin keiner dieser Megatunnel­s, sondern nur Pendlerzüg­e im Minutentak­t. Zu den enormen Kosten des über den grünen Klee gelobten Bahnausbau­s kommen also auch noch höhere Treibhausg­asemission­en durch den Bau. Der Nutzen wird, wenn überhaupt, in 25 Jahren eingefahre­n, vielleicht aber erst in fünfzig. Oder nie.

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