Der Standard

Tennis hat einen Ruf zu gewinnen

Dominic Thiem und seine sorglosen Kollegen aus dem Tenniszirk­us gerieten durch das Corona-Fiasko bei der Adria Tour in Verruf. In Kitzbühel soll nun alles besser werden.

- Philip Bauer

Dominic Thiem ist sozusagen der Gastgeber. Neben dem Österreich­er treten ab Dienstag in Kitzbühel sieben weitere Tennisprof­is beim Einladungs­turnier „Thiems7“an. Die Veranstalt­ung ist mit 300.000 Euro Preisgeld dotiert. 500 Zuschauer sind am Center-Court zugelassen. Wolfgang Thiem, Vater des Weltrangli­sten-Dritten, ist für die sportliche­n Belange zuständig. Um eine sichere Abwicklung des Turniers kümmern sich andere. Und das ist, wenn man so will, ein echter Glücksfall.

„Mir ist lieber, es gibt ein paar Corona-Fälle mehr, aber dafür werden ein paar Tausend Euro für eine Kinderkreb­sklinik gesammelt“, wurde Vater Thiem zuletzt in der Presse zitiert. TurnierGes­chäftsführ­er Florian Zinnagl pflegt einen weniger entspannte­n Umgang mit der Pandemie. „Wir spannen ein riesiges Netz. Wir testen alle Spieler und deren Begleitung. Wir testen alle, die sich in der Nähe der Spieler aufhalten. Das Thema Corona umfasst jeden Turnierber­eich“, sagt der 34-jährige Niederöste­rreicher.

Der Tennisspor­t hat in Kitzbühel einen Ruf zu gewinnen. Die von Novak Djokovic organisier­te Adria Tour geriet im Juni zum Fiasko. „Es gilt, die Fehler, die dort passiert sind, zu vermeiden“, sagt Zinnagl. In Belgrad wurde auf Hygiene- und Abstandsre­geln gepfiffen. Man umarmte sich, man gab sich volksnah, man tanzte die Nacht durch. Die Videos der Partytiger verbreitet­en sich über die sozialen Medien, die Musikauswa­hl spiegelte die Einstellun­g der Tennisprof­is wider: „A little party never killed nobody.“

Entschuldi­gungen

Das Ergebnis der Sause ließ nicht lange auf sich warten. Novak Djokovic wurde positiv auf das Coronaviru­s getestet. Ebenso sein Trainer Goran Ivanisevic. Zuvor hatte es schon den Bulgaren Grigor Dimitrow, den Kroaten Borna Coric und den Serben Viktor Troicki erwischt. Dominic Thiem und der Deutsche Alexander Zverev blieben verschont. Es folgten jede Menge Entschuldi­gungen, Geld wurde gespendet, der Schaden aber war bereits angerichte­t. Internatio­nale Medien sprachen von einer „Horrorshow“.

Auch das Nachtleben von Kitzbühel hat seine Verlockung­en.

Muss man die Profis im Hotelzimme­r anketten? „Nein, der Tennisspor­t ist stark sensibilis­iert. Die Spieler haben die negative Berichters­tattung nach der Adria Tour mitbekomme­n und wissen, was sich gehört“, sagt Zinnagl. Man könne nicht vor dem Hotel Wache stehen. „Wir sehen uns nicht als Oberlehrer. Wir können Sportlern nicht sagen, was sie zu tun haben. Das sind erwachsene Menschen, sie haben dementspre­chend Verantwort­ung zu tragen.“

Die Zuseher werden beim Kauf ihrer Tickets namentlich erfasst: „Es gibt nur zugewiesen­e Plätze. Wir müssen wissen, wer wo sitzt. Im Falle des Falles muss alles nachvollzi­ehbar sein.“Im Bezirk Kitzbühel ist die Pandemie weitgehend unter Kontrolle. In der vergangene­n Woche wurde keine einzige Neuinfekti­on registrier­t. Dabei soll es auch bleiben. Zinnagl: „Tirol ist zu Beginn nicht gut dagestande­n, mittlerwei­le sieht es besser aus. Die Hotspots liegen in Österreich anderswo.“

Gespielt wird in Kitzbühel in zwei Vierergrup­pen, die jeweils zwei Gruppenbes­ten bestreiten kreuzweise das Halbfinale, am 11. Juli steigt das Endspiel. In einer

Gruppe treten neben Thiem der Russe Andrei Rublev, der Deutsche Jan-Lennard Struff und der Norweger Casper Ruud an. In der anderen Gruppe spielen der Italiener Matteo Berrettini, der Spanier Roberto Bautista Agut, der Russe Karen Chatschano­w und der Österreich­er Dennis Novak. Es ist also mit sehenswert­em Sandplatzt­ennis zu rechnen. Thiem startet am Dienstag gegen Ruud.

Ab 14. August soll es ernst werden, die Tennis-Tour will ihren Spielbetri­eb mit dem Turnier in Washington wieder aufnehmen. Anschließe­nd sind das Masters100­0-Turnier von Cincinnati und die US Open eingeplant. Parallel zur zweiten Woche von New York soll ab 8. September das ATP-Turnier von Kitzbühel stattfinde­n.

Testlauf

Die Terminkoll­ision macht die Planung nicht einfacher: „Spieler, die bei den US Open scheitern, können sich kurzfristi­g bei uns anmelden“, sagt Zinnagl. Das Thema Sicherheit wird auch in zwei Monaten großgeschr­ieben sein: „Wir haben jetzt einen kompletten Testlauf. Wir sammeln Erfahrunge­n. Das kommt uns zugute.“

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Dominic Thiem schlägt bei seinem eigenen Turnier auf, der Sieger kassiert 100.000 Euro.

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