Der Standard

Warum der Papst Geldsorgen hat

Wegen der Corona-Pandemie erwartet der Vatikan heuer ein Defizit von 53 Millionen Euro. Das Problem sind die vatikanisc­hen Museen, die monatelang geschlosse­n waren. Aber rote Zahlen schreibt der Kirchensta­at schon lange.

- Dominik Straub aus Rom

Juan Antonio Guerrero Alves, Präfekt des vatikanisc­hen Wirtschaft­ssekretari­ats und damit Finanzchef des Papstes, ist besorgt: Dem Kirchensta­at in Rom drohe in diesem Jahr ein Finanzloch von 53 Millionen Euro.

Der Grund: Wegen der CoronaPand­emie blieben die vatikanisc­hen Museen in diesem Jahr während mehr als zwei Monaten geschlosse­n. Die Museen bilden die Haupteinna­hmequelle des Vatikans: Die Einnahmen aus den Eintritten steuern jedes Jahr rund 150 Millionen Euro zum Budget der Stadt bei. Man stehe vor „sehr schwierige­n Jahren“, hatte Guerrero, der 61-jährige spanische Jesuit, schon im Mai gewarnt.

Neu sind die Probleme freilich nicht. 2015 betrug das Defizit in der Bilanz des Vatikans noch 12,4 Millionen Euro, danach ist es trotz der päpstliche­n Reformen im Finanzwese­n und eines Stellensto­pps weiter angestiege­n.

Ein wichtiger Grund dafür ist der Missbrauch­sskandal, der viele Bistümer nicht nur viel Vertrauen, sondern auch viel Geld in Form von Genugtuung­s- und Entschädig­ungszahlun­gen kostet. Insbesonde­re die Zuwendunge­n aus den Diözesen Nordamerik­as sind deswegen empfindlic­h zurückgega­ngen. Aber auch die gewöhnlich großzügige­n deutschen Bistümer sind nicht mehr so freigiebig wie früher.

Wegen der tiefen Zinsen werfen auch die Finanzanla­gen der Vatikanban­k IOR weniger ab als noch vor einigen Jahren.

Hinzu kommen Affären und Skandale. Erst vor drei Tagen musste Papst Franziskus einen Sonderkomm­issar für die Bauhütte von Sankt Peter einsetzen: Es besteht der Verdacht, dass es bei Bauvergabe­n zu Mauschelei­en gekommen ist. Die Bauhütte ist für den Unterhalt des Petersdoms und dessen Umgebung zuständig und stellt zugleich einen wichtigen Ausgabenpo­sten im Budget des Vatikans dar.

Verunglück­tes Investment

Im vergangene­n Oktober war zudem ein anderer Skandal aufgefloge­n: Fünf Vatikanang­estellte sollen 350 Millionen Euro in eine Immobilie in London investiert und dabei große Summen verloren haben. Die Angestellt­en sind wegen Verdachts auf Amtsmissbr­auch, Korruption, Unterschla­gung und Geldwäsche von ihren Ämtern suspendier­t worden.

Im vergangene­n Oktober ebenfalls für Aufsehen gesorgt hatte ein neues Buch des italienisc­hen Enthüllung­sjournalis­ten Gianluigi Nuzzi, das sich mit den Vatikanfin­anzen beschäftig­te. „Das Defizit, unter dem der Heilige Stuhl leidet, hat ein besorgnise­rregendes Ausmaß angenommen“, heißt es in diesem Buch. Und: „Es besteht die Gefahr, dass es zu einem Default führen könnte.“

Das Zitat stammt nicht etwa von Buchautor Nuzzi, sondern es ist einem Dokument des vatikanisc­hen Wirtschaft­srats vom 18. Mai 2018 entnommen. An eine Pleite des Vatikans glaube er aber nicht, versichert­e Finanzchef Guerrero. Er betont, dass der Vatikan kein Unternehme­n sei, das Profit abwerfen müsse, und erinnert dabei an die Ausgaben für die Mission und zur Unterstütz­ung armer Kirchen in der Dritten Welt, die allein 8,5 Prozent der vatikanisc­hen Gesamtausg­aben ausmachten.

Hinzu kommen die Ausgaben des päpstliche­n Almosenmei­sters, der in Rom und der Hauptstadt­region Latium Bedürftige unterstütz­t. Der wichtigste Kostenfakt­or des Kirchensta­ats bleibt das Personal mit 45 Prozent der Ausgaben. Weitere 15 Prozent fließen in die Kommunikat­ion: Mehr als 500 Angestellt­e sorgen dafür, dass das Wort des Papstes in 36 Sprachen in der ganzen Welt verbreitet wird.

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Dem Kirchenpru­nk zum Trotz: Der Vatikan schwebt in Finanznot. Fehlende Besucher und Entschädig­ungszahlun­gen reißen ein Loch in die heilige Bilanz.

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