14 Angeklagte und ein Schirm
Prozess um Zwischenfall bei Protest gegen Identitäre
Wien – Versuchte Sprengung einer Versammlung ist ein selten angeklagtes Delikt. Seit Dienstag sind unter anderem deshalb 14 Angeklagten vor Richterin Hannelore Bahr: Sie sollen am 18. April 2018 aus Sicht der Staatsanwaltschaft versucht haben, eine Veranstaltung der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Identitären Bewegung“in Wiens Innenstadt zu verhindern.
Verteidigerin Alexia Stuefer weist das emotional zurück. Ihre Mandanten hätten mit Regenschirmen gegen Rechtsextreme demonstriert, das sei ihr verfassungsmäßiges Recht. „Selbst die oberflächliche Lektüre der Anklageschrift“zeige, dass nicht einmal klar sei, ob die Angeklagten überhaupt vor Ort gewesen seien, und noch viel weniger, ob irgendetwas Strafbares vorgefallen sei.
Stuefer attackiert auch das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) frontal. „Das LVT hat offenbar ein internes Haltungsproblem mit Rechtsextremismus“, prangert sie an. Tatsächlich gibt es Seltsamkeiten: Ursprünglich sind im Akt nämlich nur drei Videoaufnahmen der Proteste gewesen. Alle drei wurden der Polizei von Identitären-Frontmann Martin Sellner zur Verfügung gestellt. Die Richterin hat für ihren Prozess vier weitere aufgetrieben.
Bei Vorführung der Videos zeigt sich, dass die Gegner der Identitären deren Informationsstand auf einer Seite vor den Passanten zu verbergen versuchen, indem sie in der Gruppe aufgespannte Regenschirme horizontal halten. Zu sehen ist allerdings ebenfalls, dass auf der anderen Seite Menschen ungehindert vorbeigehen.
Auch der Grund, warum 13 der Beschuldigten zusätzlich wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und versuchter schwerer Körperverletzung angeklagt sind, findet sich in den bewegten Bildern. Aus der mehrere Dutzend Menschen umfassenden Protestgruppe wird eine Regenschirmstange in hohem Bogen Richtung Polizei und Identitäre geschleudert.
Der 14. Angeklagte wurde im Vorjahr vom Vorwurf, der Werfer gewesen zu sein, freigesprochen.
Beim nächsten Termin werden Zeugen befragt werden.