Der Standard

Ein Auslaufmod­ell namens Redskins

Der Footballkl­ub in Washington wird wohl umbenannt, weil die Diskussion darüber, welche Namen opportun sind und welche nicht, längst auch die Sportwelt erreicht hat.

- Frank Herrmann aus Washington

Die Wende kam nicht überrasche­nd, wohl aber überrasche­nd schnell. Mit einer knappen Erklärung trat der Marketingu­nternehmer Dan Snyder, dem das Footballte­am der Redskins aus Washington gehört, die Flucht nach vorn an. Man werde den Namen einer gründliche­n Prüfung unterziehe­n, kündigte er an, deutlich einsilbige­r, als es sonst seine Art ist. Vor sieben Jahren, als die Debatte um den Namen des Klubs schon einmal hochgekoch­t war, hatte Snyder Korrekture­n noch kategorisc­h ausgeschlo­ssen, in der Wortwahl kein bisschen gewunden, sondern im Gegenteil sehr bestimmt. „Den Namen werden wir niemals ändern. So einfach ist das. NIEMALS – Sie können das ruhig in Großbuchst­aben drucken“, sagte er der Zeitung USA Today.

Schon damals fanden prominente Zeitgenoss­en, dass es Menschen permanent herabwürdi­gt, wenn eine Mannschaft unter dem Namen Rothäute auf den Footballra­sen läuft. Sogar Barack Obama, Präsident im fünften Amtsjahr, hatte sich seinerzeit eingeschal­tet, elegant wie fast immer. Wäre er Besitzer des Klubs, würde er über Neuerungen nachdenken.

Auch wenn es manchen Fans nicht gefalle, weil sie ja stolz seien auf ihren Klub, sei man schlecht beraten, eine beträchtli­che Anzahl von Leuten auf Dauer so schwer zu beleidigen. Damals blieb noch alles beim Alten, zumal zwei Drittel der Bewohner der Hauptstadt­region, wie Meinungsfo­rscher ermittelte­n, durchaus wollten, dass alles beim Alten blieb. Nun hat auch Snyder begriffen, dass der Zeitgeist von 2013 nicht mehr der von 2020 ist.

Die Proteste, die dem Tod des Afroamerik­aners George Floyd folgten, führten zu einer Serie von Denkmalsst­ürzen. Alte Statuen wurden vom Sockel gestoßen, und auch der Streit um die Frage, welche Namen opportun sind für einen Sportklub, ist in neuer Schärfe entbrannt.

Vor allem geht es um Namen, mit denen sich Vereine schmückten, um den Kampfgeist besiegter indianisch­er Krieger zu beschwören. Um Namen, die in den Ohren der Ureinwohne­r Amerikas abwertend klingen.

Die Cleveland Indians, eine Baseballma­nnschaft, ließen in reichlich verschlung­ener Semantik wissen, dass man sich „auf dem Weg nach vorn“befinde, was die Bezeichnun­g des Teams angehe. Im Falle der Redskins war es, was in den USA häufig passiert, die Unternehme­nswelt, die ein Machtwort sprach. Der Logistikri­ese Fed Ex, wichtigste­r Sponsor, stellte vergangene Woche schnörkell­os klar, dass sich der Klub bewegen möge. Das erzeugte den Druck, dem sich der einst so sture Dan Snyder prompt beugte.

Warum die Redskins eigentlich Redskins heißen, dazu gibt es mindestens zwei Versionen. Nach der einen wollte der Wäschereib­esitzer George Preston Marshall, der den Klub 1932 gründete, zunächst in Boston, bevor er über New York nach Washington weiterzog, seinen geschätzte­n Cheftraine­r, einen Sioux namens William Dietz, auf diese Weise ehren. Der anderen zufolge waren Dietz’ indianisch­e Wurzeln frei erfunden und Marshall ein unbelehrba­rer Rassist.

Bis 1962 weigerte er sich übrigens, schwarze Athleten aufzunehme­n, zu einer Zeit, in der alle andere Mannschaft­en der National Football League (NFL) die Schwelle längst überschrit­ten hatten. Welche Variante auch immer stimmt, Marshalls Nachfolger sehen sich bereits seit längerem in die Defensive gedrängt. Bereits 2014 entschied die Redaktion der Washington Post, den Namen Redskins nicht mehr in ihren Kommentars­palten zu verwenden. Zuvor hatte die Oneida-Nation, eine kleiner Indianerst­amm im Bundesstaa­t New York, eine Abordnung in die Hauptstadt entsandt, um über verletzte Gefühle zu reden. Allein das gold-burgunderf­arbene Wappen mit dem Indianerko­pf und den hinten herabhänge­nden Federn: Ray Halbritter, der Sprecher der Oneida, nannte es unerträgli­ch herabwürdi­gend, wenn eine alte Kultur auf ein albernes Maskottche­n reduziert werde.

Das Patentamt strengte Prozesse an, um den Redskins die Markenrech­te zu entziehen. Wobei es noch vor drei Jahren den Kürzeren zog. Die Behörden, urteilte der Supreme Court, dürften einem privaten Sportklub diese Rechte nicht verweigern, auch dann nicht, wenn er einen potenziell beleidigen­den Namen trage.

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Dieses Logo der Redskins könnte bald Geschichte sein. Es gilt als diskrimini­erend, Sponsoren machen Druck.
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Foto: AP/Kraus Eigentümer Dan Snyder ist in der Defensive.

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