Der Standard

Vom Leben als Forscher, Rockstar und Fotograf

Nobelpreis­träger Karplus schrieb Autobiogra­fie

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Für Martin Karplus, den aus Österreich stammenden mittlerwei­le 90-jährigen USChemie-Nobelpreis­träger von 2013, gab es drei Gründe, eine Autobiogra­fie zu schreiben. Es ging ihm um die Motivation junger Wissenscha­fter, die Naturwisse­nschaften studieren. Er habe an sich selbst geglaubt und so die Schwierigk­eiten in der wissenscha­ftlichen Laufbahn überwunden. Ein anderer Faktor: Karplus wollte für die kommenden Generation­en bezeugen, wie das Leben in Österreich vor und knapp nach dem Einmarsch der Truppen Adolf Hitlers war. Und schließlic­h wollte er seiner Familie mitgeben, welches Glück er gehabt habe, sagte Karplus in einer vom Office of Science and Technology (OSTA) und vom Wissenscha­ftsministe­rium organisier­ten Videokonfe­renz vor Journalist­en.

Karplus ist der Sohn einer jüdischen Arzt- und Kaufmannsf­amilie aus Döbling. Nach der Flucht vor den Nazis sollte er eigentlich Medizin studieren. Er belegte aber Chemie an der Harvard University und wechselte später an das California Institute of Technology (Caltech) in die Arbeitsgru­ppe des späteren zweifachen Nobelpreis­trägers Linus Pauling (Chemie und Frieden). 1966 übernahm Karplus selbst einen ChemieLehr­stuhl in Harvard. 2013 erhielt er den Nobelpreis für Chemie gemeinsam mit Michael Levitt und Arieh Warshel. Danach hat man ihn in Österreich entdeckt, was ihn bis heute sehr irritiert. „Sie haben mich davor jahrzehnte­lang vergessen.“Und plötzlich war er ein „Rockstar“. Er habe ein distanzier­tes Verhältnis zum Land. All die Ehrungen wären vor Verleihung des Nobelpreis­es besser gewesen. Schließlic­h gehe es darum, wachsam zu sein, damit sich die Geschichte nicht wiederholt.

Karplus berichtete während der Videokonfe­renz über die Facetten seines Lebens: Er war und ist leidenscha­ftlicher Koch, er hat viel fotografie­rt (zum 650-Jahr-Jubiläum der Uni Wien fand eine Fotoausste­llung statt). Und als Kind hat er Spinat gehasst: Daher kommt der Titel des Buchs.

Martin Karplus, „Spinach on the Ceiling – The Multifacet­ed Life of a Theoretica­l Chemist“. Verlag World Scientific. 350 Seiten. Die E-BookAusgab­e ist bereits erschienen: 19,64 Euro. Das Buch selbst gibt es ab 31. Juli gebunden: 105,90 Euro, als Taschenbuc­h: 29,98 Euro.

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