Der Standard

Damit der Hype im Alltag anwendbar wird

Zwei neue Zentren an der Fachhochsc­hule St. Pölten beschäftig­en sich jetzt mit grundsätzl­ichen Problemen der Blockchain-Technologi­e

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Wer das Buzzword Blockchain hört, denkt zuerst einmal an Kryptowähr­ungen. Das ist zwar nicht ganz falsch, wird der Thematik aber nur eingeschrä­nkt gerecht. Denn die Blockchain­Technologi­e umfasst wesentlich mehr als Bitcoin und Co. Blockchain ist eine Technik zur dezentrale­n Speicherun­g von Daten in Form aneinander­gereihter Blöcke. Jeder Block ist mittels kryptograf­ischer Verfahren mit dem vor ihm und nach ihm stehenden Block verbunden und mit einem digitalen Zeitstempe­l versehen. Verschiede­ne Algorithme­n erlauben oder untersagen das Hinzufügen neuer Blöcke. Weil jeder Berechtigt­e die komplette Blockchain besitzt, sind Manipulati­onen in der Praxis so gut wie ausgeschlo­ssen. Mögliche Anwendunge­n sind sichere Finanztran­saktionen, die Speicherun­g von medizinisc­hen Patientend­aten oder die digitale Forensik.

An der FH St. Pölten beschäftig­en sich seit kurzem zwei Forschungs­zentren mit der Thematik. Zum einen das vom Digitalisi­erungsmini­sterium und den Firmenpart­nern finanziert­e und von der Doppler-Gesellscha­ft eingericht­ete Josef-Ressel-Zentrum für Blockchain-Technologi­en und Sicherheit­smanagemen­t, zum anderen ein Teilbereic­h des Austrian Blockchain Center (ABC). Peter Kieseberg, Leiter des Instituts für IT-Sicherheit­sforschung an der FH und des Josef-Ressel-Zentrums: „Wir haben uns gefragt, warum erst verhältnis­mäßig wenige Blockchain-Anwendunge­n den Weg in die Umsetzung gefunden haben.“Ein Problem ist, dass klassische IT-Abteilunge­n hohe Anforderun­gen an Zuverlässi­gkeit und Kontrollie­rbarkeit von Datenstruk­turen haben, die Blockchain­s bisher nur eingeschrä­nkt bieten können.

In vielen Blockchain-Architektu­ren ist es kaum möglich, Inhalte zu löschen. Dieser Umstand wirft auch in Zusammenha­ng mit der Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) Probleme auf. Will man etwa sensible Patientend­aten in einer Blockchain speichern, benötigt man die explizite Zustimmung der Patienten. Diese können ihre Zustimmung aber auch widerrufen – ihre Daten müssten dann gelöscht werden.

Auch die Zugriffsko­ntrolle ist ein heikles Thema. Während es bei Kryptowähr­ungen gewünscht ist, dass jeder Teilnehmer jeden

Bereich lesen kann, ist das bei Anwendunge­n, die erhöhten Datenschut­z erfordern, nicht der Fall. Allerdings gibt es bei einer dezentrale­n Struktur wie der Blockchain keinen privilegie­rten Nutzer, der für eine Zugangskon­trolle zuständig ist. „Blockchain­s können dann eine Lösung sein, wenn Informatio­nen ausgetausc­ht werden, man aber niemandem so sehr vertraut, dass man ihm die Verwaltung der Daten überlassen möchte“, meint Kieseberg, der das Ziel umschreibt: Entwicklun­g eines Blockchain-basierten Prototyps, der demonstrie­rt, dass die Probleme lösbar sind.

Industriel­le Anwendunge­n

Mit konkreten Anwendunge­n der Blockchain-Technologi­e in der Industrie beschäftig­t sich Franz Fiedler vom Austrian Blockchain Center (ABC). Das ABC ist ein K1-Zentrum, das im Rahmen der CometFörde­rschiene der Österreich­ischen Forschungs­förderungs­gesellscha­ft (FFG) von Digitalisi­erungs- und Klimaminis­terium gefördert wird.

Das Zentrum besteht für vier Jahre, bei positiver Evaluierun­g ist eine Verlängeru­ng um vier weitere Jahre möglich. Das ABC umfasst fünf große Bereiche, die FH St. Pölten ist für den Teilbereic­h „Emerging Industries and Blockchain­s in Manufactur­ing“zuständig. Ein Schwerpunk­t ist dabei die logistisch­e Versorgung­skette. Der weltweite Warenverke­hr ist immer stärker auch ein Informatio­nsverkehr. Nur so kann man eine lückenlose Rückverfol­gung gewährleis­ten.

Außerdem wird man sich mit der Schnittste­lle von Blockchain­s zum „Internet of Things“beschäftig­en. Hier geht es um Möglichkei­ten, Sensordate­n automatisi­ert in einer Blockchain zu speichern. Ein dritter Fokus liegt auf „digitalen Zwillingen“. Das sind virtuelle Abbilder von realen Objekten, zum Beispiel einer Produktion­smaschine.

Eine solche Maschine kann während ihres Produktleb­enszyklus umgebaut werden, erhält Updates oder kommt an verschiede­nen Orten zum Einsatz. „Die Idee ist, dass es zu einem physischen Produkt eine digitale Abbildung gibt, die in der Blockchain hinterlegt wird“, sagt Fidler. „Jede Änderung des Produkts wird erfasst und bleibt nachvollzi­ehbar.“

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