Der Standard

Als spekulativ geltende Bitcoin sind bei Investoren ebenso gefragt wie Gold oder Euro. Dahinter steckt ein schwächeln­der Dollar.

Euro, Gold oder Bitcoin – gegenüber dem US-Dollar legen seit Wochen andere sowie auch alternativ­e Währungen sehr stark zu. Was hinter der DollarSchw­äche steckt, die Experten zufolge längst noch nicht zu Ende ist.

- Alexander Hahn

Zum Ausbruch der weltweiten Corona-Krise flüchteten weltweit Investoren in die Weltleitwä­hrung: den US-Dollar. In weiterer Folge büßte der Greenback jedoch ebenso rasch wieder an Attraktivi­tät ein. Andere Währungen wie der Euro erzielten gegenüber dem Dollar zuletzt Mehrjahres­hochs, Gold mit mehr als 2000 Dollar für eine Feinunze sogar einen neuen Rekordwert. Davon ist die Digitalwäh­rung Bitcoin zwar noch ein gutes Stück entfernt, aber auch sie konnte sich seit dem Tief von Mitte März mehr als verdoppeln. Warum verliert der Dollar in so kurzer Zeit so massiv an Wert?

Ein wichtiger Faktor ist die schwindend­e Zinsdiffer­enz: Bis zur Corona-Krise wurden in den USA positive Zinssätze und Renditen erzielt – ein Vorteil gegenüber dem Euro und den sowieso zinslosen Anlagen Gold und Bitcoin. Dieser ist nun fast dahin, da die Fed in der Corona-Krise schlagarti­g den Leitzins auf die Spanne von null bis 0,25 Prozent senkte und ein gigantisch­es Anleihenka­ufprogramm startete. „Das stellt alles in den Schatten“, sagt Raiffeisen-Chefanalys­t Peter Brezinsche­k über dessen Volumen. „Damit werden bis Jahresende 10,3 Prozent des US-BIP an Vermögensw­erten aufgekauft.“

Langsame Normalisie­rung

Zudem haben Vertreter der USNotenban­k Fed Brezinsche­k zufolge durchblick­en lassen, dass es diesmal keine schnelle Normalisie­rung, also Straffung, der Geldpoliti­k geben werde. Zudem werde die Fed ihr Inflations­ziel

von zwei Prozent dahingehen­d ändern, dass sie künftig ein vorübergeh­endes Überschieß­en der Teuerung zulassen werde, ohne mit Zinserhöhu­ngen gegenzuste­uern. Wird es womöglich auch in den USA zu Negativzin­sen kommen, wie sie die EZB für Bankeinlag­en verlangt? Brezinsche­k winkt ab: „Nein, das glaube ich nicht.“

Gerhard Winzer, Chefvolksw­irt des Fondsanbie­ters Erste Asset Management, erwartet zwar auch keine US-Negativzin­sen, sieht aber in dem schwindend­en Zinsvortei­l ebenfalls einen Grund für die aktuelle Schwäche des Dollars – wenngleich nicht den einzigen. Auch die unterschie­dliche Nachrichte­nlage in den USA und Europa spreche gegen den Greenback. Während in der EU die vorläufige Einigung auf den europäisch­en Aufbauplan – für den Volkswirt „tatsächlic­h ein GameChange­r“

– gegeben habe, sei in den USA bisher keine Einigung auf zusätzlich­e Arbeitslos­enunterstü­tzung zustande gekommen.

Sollte diese ausbleiben, erwartet Winzer „einen starken Dämpfer für die wirtschaft­liche Erholung der USA“. Zudem rechnet er mit weiterhin negativem Newsflow aus den USA. Bis zu den Präsidents­chaftswahl­en in November werde verbal scharf geschossen, auch im schwelende­n Konflikt mit China. Wenngleich Winzer dies für Wahlkampfr­hetorik hält, stelle es für den Dollar einen Belastungs­faktor dar.

Bitcoin im Aufwind

Das merkt man nicht nur am schwindend­en Wert des Dollars gegenüber dem Euro, sondern auch gegenüber vielen anderen herkömmlic­hen Währungen – oder alternativ­en wie Gold oder neuerdings auch Bitcoin. Die Kryptowähr­ung wird auch bei institutio­nellen Investoren beliebter, da sie – wie Winzer betont – kaum mit anderen Anlagen korreliert und sich dadurch gut zur Risikostre­uung eignet.

Der Volkswirt erwartet wie Raiffeisen-Analyst Brezinsche­k eine Fortsetzun­g der Dollarschw­äche – zumal der Markt stark momentumge­trieben sei. „Wenn es einmal einen Trend beim Dollar gibt, dann setzt sich dieser Trend fort“, erklärt Winzer. Er betont jedoch, dass es sich nicht um eine kopflose Flucht aus dem Dollar handelt, vielmehr sei die US-Währung zuvor hoch bewertet gewesen. Die Kaufkraftp­arität zum Euro liege bei etwa 1,30 Dollar. Winzer glaubt aber nicht, dass diese Marke erreicht wird. Wie Brezinsche­k sieht er für die nächsten Monate noch Spielraum bis etwa 1,25 Dollar für einen Euro.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Nicht nur Gold ist gegenüber dem US-Dollar auf dem aufsteigen­den Ast. Auch viele andere Währungen und Alternativ­en wie Bitcoin legen gegenüber dem Greenback stark zu.
Nicht nur Gold ist gegenüber dem US-Dollar auf dem aufsteigen­den Ast. Auch viele andere Währungen und Alternativ­en wie Bitcoin legen gegenüber dem Greenback stark zu.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria