Das Eis schmilzt unaufhörlich
Eine Wissenschafterin und ein Bergfotograf haben einen Bildband über die Gletscher der Alpen vorgelegt. Das Buch ist ein wissenschaftlicher Überblick zur Situation der Eisschmelze, aber auch eine Liebeserklärung an die Berge.
Neulich wurde es wieder einmal vermeldet: „Der Klimawandel lässt die Gletscher in den Alpen rasch schwinden“, stand da geschrieben unter Berufung auf eine Studie von Geografen der Universität Erlangen-Nürnberg. Die Wissenschafter hatten herausgefunden, dass die Alpengletscher allein von 2000 bis 2014 ein Sechstel ihres gesamten Erdvolumens verloren haben. Besonders beunruhigend klingen da Detailergebnisse: Die Oberfläche des größten Gletschers der Region, des Großen Aletschgletschers im Schweizer Wallis, soll demnach um mehr als fünf Meter pro Jahr in den unteren Lagen geschmolzen sein.
Auch Andrea Fischer hat schon häufig über den Zustand der Alpengletscher publiziert. Die gebürtige Tirolerin aus St. Johann ist derzeit Direktorin am Institut für Interdisziplinäre
Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Über das Bergsteigen sei sie zur Glaziologie gekommen, kann man lesen. Nun hat sie gemeinsam mit dem Bergfotografen Bernd Ritschel eine Hommage an ihr bevorzugtes Forschungsgebiet vorgelegt: den reich illustrierten Band Alpengletscher.
Anstieg des Meeresspiegels
Das Buch kann als gelungener Schritt in eine breitere Öffentlichkeit betrachtet werden, um mehr Aufmerksamkeit für ein Thema zu schaffen, das für den gesamten Planeten von großer Tragweite ist: Schmelzende Gletscher führen neben der Erwärmung der Ozeane zu einem Anstieg des Meeresspiegels – das gilt vor allem für die Eisschmelze in Arktis und Antarktis. Ozeanströme werden verändert, und letztlich wird auch dadurch das Klima erwärmt, schildert Fischer im deutschen Magazin Focus. Bekannt ist auch: Wenn das Eis fehlt, wird weniger Licht von der Sonne reflektiert, der Planet erwärmt sich dadurch noch mehr. Im Alpenraum steigt durch die Gletscherschmelze schließlich die Gefahr, dass Schutt und Gestein mit starken Regenfällen abgeht und die Sicherheit in Dörfern gefährden könnte.
Das vorliegende Buch ist aber nicht nur wissenschaftliche Bestandsaufnahme, sondern auch eine Liebeserklärung an eine Region, die Berge und ihr schwindendes Eis. Dabei wird die Dramatik der Situation allein durch Bilder von Gletscher sichtbar, die kein Eis mehr haben. Die Worte klingen mitunter nach einem Manifest für eine dringend notwendige Energiewende, um die fortschreitende Gletscherschmelze aufzuhalten „Wir wollen auch in Zukunft im Alpenraum leben und Berge genießen!“, steht da zu lesen – und zuletzt auch als Erinnerung daran, dass der Mensch den Planeten nicht besitzt: „Die Berge gehören uns allen – nicht.“
Die Alpengletscher sind ein Symbol des vom Menschen gemachten Klimawandels geworden, das wissen auch die Verleger des Buches, das Haus Tyrolia. In manch ein Bild möchte man trotz Klimakrise eintauchen und real erleben, was Fischer und Ritschel vor Ort erlebt haben. Für alle, die das auch in die Realität umsetzen wollen, endet das Buch mit rund einem Dutzend Wandertipps zu besonderen Aussichtspunkten und Plätzen, um die Gletscherwelt zu erleben. (red)
Schmelzende Gletscher führen neben der Erwärmung der Ozeane zum Anstieg des Meeresspiegels.