Der Standard

Stolperste­ine für Künstler

Gedenkkult­ur in Salzburg „im Mittelpunk­t der Gesellscha­ft“– Innsbrucke­r Grüne lehnen Stolperste­inprojekt ab

- Thomas Neuhold

28 Stolperste­ine auf dem Salzburger Max-Reinhardt-Platz sollen an jene Künstler erinnern, die vertrieben oder ermordet wurden.

Es sind 28 Stolperste­ine, die nun vor dem Haus für Mozart am Salzburger Max-ReinhardtP­latz an jene Künstlerin­nen und -künstler erinnern, die die Salzburger Festspiele bis 1938 maßgeblich geprägt haben, ehe sie von den Nationalso­zialisten vertrieben oder ermordet wurden. Ihre Namen sind auf würfelförm­igen, in den Boden eingelasse­nen Messingpla­tten zu lesen. Die berühmtest­en Namen sind dabei jene von Festspielb­egründer Max Reinhardt oder seiner Gattin, der Schauspiel­erin Helene Thimig, aber auch jene von Dirigenten wie Arturo Toscanini, Bruno Walter oder Erich Kleiber.

Der Historiker Gert Kerschbaum­er hat die Biografien der Künstlerin­nen und Künstler recherchie­rt – gemeinsam mit Thomas Randisek, Geschäftsf­ührer des Dachverban­ds der Salzburger Kulturstät­ten, und mit Ingeborg Haller, Klubobfrau der grünen Bürgerlist­e im Salzburger Gemeindera­t und treibende Kraft des Personenko­mitees der Stolperste­ine-Initiative.

Auf den Steinen stehen neben den Namen der Künstler auch deren Geburtsjah­r, ihr Beruf, das Jahr ihrer Flucht und das Ziel derselben. Dazwischen liegen auch immer wieder Steine ohne Messingpla­tte. „Sie sollen an die vielen erinnern, die nicht in dieser Auswahl enthalten sind“, sagt Kerschbaum­er. Die Steine lägen nun „im Mittelpunk­t der Gesellscha­ft“, sagt der Historiker. Für Festspielk­ünstler gab es bis dato noch keine Stolperste­ine.

Das Stolperste­in-Projekt gibt es seit den 1990er-Jahren, es beruht auf einer Idee des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Weltweit wurden inzwischen 77.000 der dezentrale­n und personalis­ierten Mahnmale verlegt. In der Landeshaup­tstadt Salzburg sind es bisher 469 Stolperste­ine.

Besonders auffällig ist ein doppelter Stolperste­in, der den Titel Rose-Quartett trägt. Dahinter verbirgt sich ein Philharmon­iker-Quartett. Alma Rose, die ebenfalls einen Gedenkstei­n bekommen hat, dürfte vor allem Besuchern der „Reden über das Jahrhunder­t“ein Begriff sein, denn sie leitete die sogenannte Mädchenkap­elle von Auschwitz, der auch die Festspielr­ednerin Anita Lasker-Wallfisch angehörte.

„Statische Gedenkform­en“

Während Politiker der Grünen in Salzburg beim Projekt Stolperste­ine von Anfang an führend beteiligt waren, stemmen sich ihre Parteifreu­nde in Innsbruck vehement gegen diese Form der Gedenkkult­ur. Man habe ohnehin schon genügend „statische Gedenkform­en“, sagte Vizebürger­meisterin Ursula Schwarzl in einem ORF-Interview.

Dass sich auch Funktionär­innen und Funktionär­e der Grünen fallweise mit Initiative­n der Erinnerung­skultur schwertun, ist kein Innsbrucke­r Phänomen. In der Pongauer Gemeinde Goldegg beispielsw­eise wollte 2014 die Tochter des in Mauthausen ermordeten Deserteurs Karl Rupitsch für ihren Vater und weitere von der SS ermordete Kriegsdien­stverweige­rer einen vom Bildhauer Anton Thuswaldne­r gestaltete­n Gedenkstei­n verlegen lassen. Das Projekt scheiterte auch am damaligen Klubobmann der Grünen im Salzburger Landtag und Leiter des Kulturvere­ins Schloss Goldegg, Cyriak Schwaighof­er. Die Gedenktafe­l musste weichen und wurde „privat“am Gelände eines Rehazentru­ms der Salzburger Gebietskra­nkenkasse verlegt.

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Foto: APA / Barbara Gindl Erinnerung an NS-Opfer zum 100-Jahr-Festspielj­ubiläum.

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