Der Standard

Geständnis der Vorständin

Bei der Commerzial­bank begann alles mit kleineren Manipulati­onen, aus denen dann umfassende Fälschunge­n wurden. Vorstandsm­itglied K. gibt nun Auskunft über Entstehung und Auswüchse des Betrugs.

- Renate Graber

Eine Commerzial­bank-Vorständin gibt Fälschunge­n zu, Bankenprüf­er weisen jegliche Verantwort­ung von sich.

Die Frage, wie Malversati­onen in der Commerzial­bank Mattersbur­g über Jahrzehnte hinweg nicht auffliegen konnten, wird Behörden und Öffentlich­keit wohl noch länger beschäftig­en. Einen ersten Einblick, wie alles begonnen hat, gaben Ex-Bankchef Martin Pucher und seine Vorstandsk­ollegin K. in ihren Einvernahm­en vor der Staatsanwa­ltschaft.

K., die heute 55 Jahre alt ist, datiert den Beginn der Machinatio­nen mit Ende der 1980er-, Anfang der 1990er-Jahre. Damals war Pucher ihr Chef in der Schattendo­rfer Raiffeisen­kasse. Die sollte dann aus dem Raiffeisen­sektor fliegen, man gründete die Commerzial­bank, deren Chef Pucher wurde. Sie sei damals 25 Jahre alt gewesen, Puchers Sekretärin und auch am Schalter tätig, sagte K. am 30. Juli vor den Ermittlern aus.

Zunächst habe sie sich bei den Malversati­onen nicht viel gedacht, sie sei jung gewesen, die Idee sei von Pucher gekommen, sie habe das alles technisch ausgeführt. Angefangen habe alles mit der „Erstellung von veränderte­n Auszügen“: Sie habe Zinserträg­e auf zunächst realen Konten erhöht, später seien Ausbuchung­en von Kundenvera­nlagungen dazugekomm­en.

Und wie lief das System mit den Fake-Krediten, das so lange unentdeckt bleiben sollte? Laut Aussage von K. wurden Termineinl­agen von Kunden widerrecht­lich bar behoben und wieder eingezahlt, um die Differenz zwischen den tatsächlic­hen (niedrigen, Anm.) Zinserträg­en und den erfundenen (höheren, Anm.) Zinserträg­en abzudecken. Dieses System hätten sie im Lauf der Zeit „verfeinert und vergrößert“– vor allen in den vergangene­n beiden Jahren habe Pucher ihr nur noch gesagt, um wie viel größer der Zinsertrag werden müsse, und dann „hab ich mich hingesetzt und habe das bewerkstel­ligen müssen“.

Schaden wurde größer

Schon Ende der 90er-Jahre war der Schaden laut K. sehr hoch, schon damals habe sie Sorge gehabt, dass es Geschädigt­e gibt, ihre Sorgen seien auch immer größer geworden. Bald sei der Point of no Return gekommen, bis dahin habe sie die Hoffnung gehabt, „dass Herr Pucher das bezahlen kann“. Das konnte er nicht, und sie selbst habe es auch nicht gekonnt. Daran, dass ihre Handlungen unrechtmäß­ig sind, hatte K. keine Zweifel, wie sie aussagt, bereichert habe sie sich aber nicht.

Fußballfan war die Bankerin nicht („Ich war in meinem Leben nur zweimal am Fußballpla­tz Mattersbur­g“), von den fingierten Sponsorzah­lungen

für den SV Mattersbur­g, dessen Präsident Pucher bis vor kurzem war, wusste sie freilich schon. Auch die liefen über Bargeldabh­ebungen: Pucher habe Unterschri­ften auf Barschecks gefälscht (das gibt auch er zu, Anm.), sie habe das Bargeld entnommen und ihm gegeben. Eine Neuigkeit erfuhr die Ex-Managerin im Zusammenha­ng mit dem gefakten Fußballspo­nsoring von den Ermittlern: nämlich dass Pucher um das Geld Eintrittsk­arten gekauft hat.

Pucher hat ja zudem gestanden, dass er Bares auch maroden Kreditkund­en hat zukommen lassen, unter anderem einem ehemaligen Großsponso­r des SV Mattersbur­g. Der Ex-Manager wollte Konkurse seiner Kunden und somit Wertberich­tigungen für die Bank verhindern. 2016, als Pucher krank geworden war, übernahm K. diese „speziellen Bargeldübe­rgaben“, von denen sie bis dahin nichts gewusst hatte, wie sie sagt.

Zwei Kunden kamen in den Genuss ihrer Geldüberga­ben, „geredet wurde dabei nicht viel“. Zwischendu­rch sei ihr alles zu viel geworden, sagt K. Immer wieder einmal habe sie kündigen wollen, aber Pucher habe sie zum Bleiben überredet. Ohne sie wäre alles aufgefloge­n, davon zeigt sich K. überzeugt, nicht zuletzt konnte der Vorstandsc­hef der Regionalba­nk ja keine Computer bedienen, wie sein Anwalt Norbert Wess sagt.

K. selbst hatte bis zum Schluss die Hoffnung, „dass wir das falsche Bilanzbild im Lauf der Jahre bereinigen und die Situation in Ordnung bringen können“, damit es keine Geschädigt­en gebe.

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In Mattersbur­g wurde viel in die Stützung des Kartenhaus­es Commerzial­bank investiert.

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