Der Standard

Deutschspr­achige Finanzmini­ster für OECD-Einigung auf Digitalste­uer

Der deutsche Finanzmini­ster glaubt an eine Einigung bereits im Herbst – Großbritan­nien will Digitalste­uer abschaffen

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Wien – Seit zehn Jahren gibt es das Format bereits, für Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) war es allerdings eine Premiere – und das gleich als Gastgeber des Treffens der deutschspr­achigen Finanzmini­ster. Die obersten Haushalter aus Österreich, Deutschlan­d, Luxemburg, Liechtenst­ein und der Schweiz weilten von Montag auf Dienstag in Wien und berieten über finanzpoli­tische Herausford­erungen. Neben der Corona-Wirtschaft­skrise ging es dabei vor allem um internatio­nale Steuerpoli­tik.

Besonders der deutsche Finanzmini­ster Olaf Scholz, der für die Sozialdemo­kraten bei der nächsten

Bundestags­wahl als Spitzenkan­didat antreten wird, warb für eine internatio­nal koordinier­te Digitalste­uer. Er gab sich zuversicht­lich, dass eine solche auf Ebene der Industries­taatenorga­nisation (OECD) noch im Herbst möglich sei. Eine internatio­nale Einigung könne verhindern, dass es zu weltweiten Konflikten komme. Steuern müssten auch dort bezahlt werden, wo wirtschaft­liche Tätigkeite­n anfallen, so Scholz.

Seine deutschspr­achigen Kollegen sehen die Sache mehr oder weniger genauso. Zumindest sprach sich niemand gegen eine internatio­nale Einigung zur Digitalbes­teuerung

aus. Der nationalko­nservative Schweizer Finanzmini­ster Ueli Maurer sprach sich aber dagegen aus, Unternehme­n in der aktuellen Krisenzeit mit weiteren Steuern zu belasten. Es brauche ein multinatio­nales Konzept, das für die Firmen administra­tiv einfach umzusetzen ist. Von heute auf morgen gehe das nicht.

Greißler gegen Großkonzer­n

Ein Greißler könne nicht mehr Steuern zahlen als ein internatio­naler Großkonzer­n, dem pflichtete auch Minister Blümel bei. Es brauche in der Steuerpoli­tik faire Rahmenbedi­ngungen. Zwar haben sich die USA – bekanntlic­h die Heimat vieler digitaler Großkonzer­ne, die in der EU kaum Steuern zahlen – zuletzt aus den Gesprächen bezüglich einer internatio­nalen Digitalste­uer zurückgezo­gen, es gebe aber konstrukti­ve Gespräche mit Washington, versichert­e Blümel mit Verweis auf den jüngsten Besuch des US-Außenminis­ters Mike Pompeo in Wien.

Eine Einigung in der Frage würde jedenfalls weltweit für ein bisschen Ruhe sorgen, sagte Luxemburgs liberaler Finanzmini­ster Pierre Gramegna. Und Ruhe sei genau das, was die Welt angesichts der Gesundheit­s- und Wirtschaft­skrise gerade brauche.

Außerhalb des deutschspr­achigen Raums stehen allerdings nicht nur die USA höheren Steuern für Tech-Konzerne skeptisch gegenüber. Medienberi­chten zufolge will der britische Finanzmini­ster Rishi Sunak Steuern für Tech-Riesen wie Facebook oder Google gleich ganz abschaffen. London hatte die Digitalste­uer im April einseitig eingeführt, weil die Gespräche darüber auf internatio­naler Ebene kaum Fortschrit­te machen. Die Abgabe bringe nicht so hohe Einnahmen und sei zudem eine Hürde für ein Freihandel­sabkommen mit den USA, so die Begründung des Sinneswand­els laut Mail on Sunday. (luis)

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