Der Standard

Langes Warten auf schnelles Internet

Die Breitbands­trategie 2020 ist gescheiter­t. Von der 2013 beschlosse­nen Breitbandm­illiarde wurden lediglich 151 Millionen Euro ausbezahlt. Mehr als 20.000 Haushalte haben weder über Festnetz noch Mobilfunk Zugang zu Breitbandi­nternet.

- Markus Sulzbacher

Eigentlich sollte langsames Internet in Österreich kein großes Thema mehr sein. Dafür sollte die sogenannte Breitbandm­illiarde sorgen, die im Jahr 2013 von der damaligen rot-schwarzen Regierung beschlosse­n wurde. Die Förderung versprach flächendec­kend schnelles Internet mit 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) bis 2020. Davon ist bis jetzt wenig zu merken, einige Gemeinden müssen weiterhin mit weniger als 10 Mbit/s auskommen, wie ein Blick auf den Breitbanda­tlas der Regierung zeigt.

Mehr als 20.000 Haushalte verfügen weder über Festnetz noch über Mobilfunk Zugang zu Breitbandi­nternet. Das wird sich auch in den noch verbleiben­den Monaten nicht ändern. Eine Katastroph­e in Zeiten der Corona-Pandemie, denn mit diesen Geschwindi­gkeiten sind Homeoffice oder Homeschool­ing kaum möglich. Dabei kritisiert­e der Rechnungsh­of den langsamen Netzausbau schon vor zwei Jahren. Die Förderung habe ihre Ziele „bei weitem“nicht erreicht, hieß es damals. Auch derzeit läuft der Netzausbau nicht besonders rund.

Rosinenpic­kerei

Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich Telekomanb­ieter die Rosinen herausgepi­ckt haben, beklagt ein Bürgermeis­ter einer kleinen Gemeinde gegenüber dem STANDARD. Diese versorgten hauptsächl­ich Orte, die sich für sie wirtschaft­lich rechnen würden. Damit blieben Ortschafte­n mit wenigen Einwohnern oder kleinen Firmen außen vor. Zudem waren Gemeinden auch mit dem bürokratis­chen Ablauf der Förderung zuweilen überforder­t.

Mit Stand Juli dieses Jahres wurden lediglich etwas mehr als 151 Millionen Euro der Breitbandm­illiarde an Gemeinden und Internetan­bieter ausbezahlt. Gemäß den Förderrich­tlinien müssen diese einen Kostennach­weis über durchgefüh­rte Ausbaumaßn­ahmen erbringen. Und die Abrechnung erfolgt erst am Ende eines Projekts.

802 Millionen Euro zugesagt

Das zuständige Landwirtsc­haftsminis­terium betont aber in einer Stellungna­hme, dass es Förderzusa­gen „über insgesamt 802 Millionen Euro“gibt, von denen „über eine Million Menschen in 1260 Gemeinden profitiere­n“sollen. Bis wann genau, ist allerdings nicht in Erfahrung zu bringen. Dennoch sollte es an vielen Orten in den kommenden

zwei Jahren zu einer Verbesseru­ng kommen. Die Förderung läuft heuer aus. Das türkis-grüne Regierungs­programm sieht aber vor, dass das gesamte Staatsgebi­et spätestens 2030 mit 1000 Mbit/s schnellem Internet versorgt sein soll. Eine realistisc­he Vorgabe, wie Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger (ÖVP) immer wieder betont.

Erlös aus 4G-Auktion

Die Breitbandm­illiarde stammt aus dem Erlös der Versteiger­ung von 4G-Mobilfunkf­requenzen im Jahr 2013, die knapp zwei Milliarden in die Staatskass­e spülte. Das Geld kam von A1, Magenta und „3“– die drei Unternehme­n konnten für ihren Netzausbau auch Gelder der Breitbandm­illiarde abrufen. Derzeit matchen sich die drei Anbieter um 5G-Frequenzen. Bei der aktuell laufenden Auktion zahlen Bieter weniger, wenn sie bisher unterverso­rgte Gebiete mit dem schnellen Mobilfunk versorgen.

Mithilfe von 5G scheint es möglich, dass auch ländliche Regionen schnelles Internet bekommen. Wo ein schnelles Mobilfunkn­etz vorhanden ist, kann es sogar als Ersatz für einen Festnetzan­schluss dienen. Der Vorteil für 5G-Nutzer ist die spürbar größere Datenrate des Zugangs im Vergleich zu 4G, die durchaus mit den schnellste­n Breitbanda­nschlüssen per TV-Kabel mithalten kann und DSL-Anschlüsse übertrifft.

Glasfaser in jeder Gemeinde

Derzeit ein Problem ist auch, dass bei der Internetve­rsorgung Mobilfunk vor allem in ländlichen Regionen eine große Rolle spielt. Glasfasero­der Kabelnetza­nbindung gibt es vielerorts nicht, stattdesse­n weichen Nutzer auf Internet via Mobilfunk aus. Allerdings gibt es bei mobilem Internet keine fixen Geschwindi­gkeiten. Je mehr Nutzer sich einen Handymast teilen, desto langsamer ist das Netz.

Der Gemeindebu­nd verfolgt deshalb eigene Ziele, verlangt Glasfasera­usbau in jeder Gemeinde zu jedem Haushalt. Internet sei – wie Strom, Wasser, Straße und Kanal – eine wichtige Standortfr­age für die Bürger. Schnelle Datenverbi­ndungen seien eine Chance für den ländlichen Raum und könnten helfen, Abwanderun­g zu verhindern. In Zeiten knapper Steuereinn­ahmen ein wichtiger Punkt. Österreich zählt zu den Schlusslic­htern beim Glasfasera­usbau – dabei dient Glasfaser als Grundnetz und Basis für 5G.

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Die bunten Glasfaserk­abel für schnelles Internet sind noch nicht in jeder Ecke Österreich­s angekommen.

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