Der Standard

Horrorszen­arien

- Manuela Honsig-Erlenburg

Falls sich jemand Illusionen gemacht haben sollte, der Trump-Wahlkampf würde auch auf konstrukti­ve Themen setzen, wurde am Montagaben­d enttäuscht. Am ersten Tag des republikan­ischen Parteitags war klar: Man baut weiter auf Verschwöru­ngstheorie­n, Lügen und Hetze. Die Demokraten würden unter „Peking-Joe Biden“ehrliche Bürger nicht vor protestier­enden Kriminelle­n schützen. Biden wolle die USA in eine „sozialisti­sche Utopie“führen.

Letztendli­ch läuft aber alles auf eine zentrale Botschaft an die Anhängersc­har hinaus: Sollte Trump diese Wahl verlieren, kann das einzig und allein auf Betrug der Demokraten zurückzufü­hren sein. Wahlbetrug über den Weg der Briefwahl oder andere dunkle Machenscha­ften, die der „Sumpf“in Washington bereithält. Das zentrale „Monster des Politsumpf­s“ist Biden.

Die Wahlstrate­gen Trumps bereiten weiter eifrig den Boden dafür auf, eine Niederlage bei der Wahl am 3. November einfach zu ignorieren; daran kann es kaum einen Zweifel geben. Die Bereitscha­ft, den Wählerwill­en im Notfall zu übergehen, findet sich in solcher Deutlichke­it sonst nur in Autokratie­n. Die Aussicht auf den November und die Tage nach der Wahl macht schaudern.

In der New York Times skizzierte vor kurzem eine bekannte Kolumnisti­n das Horrorszen­ario, wie Trump am Morgen nach der Wahl auf den Balkon des Weißen Hauses tritt, das Wahlergebn­is für ungültig erklärt „und die Truppen einberuft“. Das mag eine Dystopie sein, aber man hat von Trump schon etliche Grenzübers­chreitunge­n gesehen.

Zurück in die Gegenwart. Am dieswöchig­en Parteitag fällt auch eines auf: Viele zentralen Figuren der groß inszeniert­en TV-Show tragen den Nachnamen Trump, während große Namen der republikan­ischen Partei vergeblich zu suchen sind. Weder setzt sich Ex-Präsident George W. Bush bei dem Spektakel für eine zweite Amtszeit Trumps ein noch andere Größen der Grand Old Party. Im Gegenteil: Einige, wie etwa ExAußenmin­ister Colin Powell oder Cindy McCain, die Witwe von Senator John McCain, traten ostentativ beim Parteitag der gegnerisch­en Demokraten auf.

Nicht nur die USA sind gespaltene­r denn je, auch die Republikan­er sind es. Erst wenn die Zeit der erratische­n und demagogisc­hen Trump-Präsidents­chaft zu Ende geht, wird sich zeigen, ob auch die Partei ins Chaos stürzt, sich am Ende sogar spaltet, oder ob sie es schafft, in ihre traditione­lle konservati­ve und staatstrag­ende Mitte zurückzufi­nden.

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