Der Standard

Eyes wide shut

- Renate Graber

Was haben Republik, Bankenaufs­eher, Abschlussp­rüfer und Co aus dem Schicksal österreich­ischer Banken nicht schon alles gelernt. Vor 20 Jahren brach beinah die Bank Burgenland zusammen und wurde privatisie­rt. Die öffentlich­e Hand sei halt kein idealer Bankeigner, weiß man (spätestens) seit damals, und gegen kriminelle Energie sei sowieso kein Kraut gewachsen.

2006 erwischte es die Bawag. Die fatalen „Karibikges­chäfte“waren der Aufsicht schon 2001 bekannt, die Nationalba­nk (OeNB) erstellte einen kritischen Vor-Ort-Prüfberich­t, mehr geschah nicht. Wobei: 2002 wurde die Aufsicht umgebaut, die FMA gegründet. Sie vergibt Prüfaufträ­ge an die OeNB, die führt Vor-Ort-Prüfungen durch, liefert ihre Berichte der FMA, die den Beaufsicht­igten strenge Vorgaben machen kann. Unter diesem neuen Aufsichtsr­egime stürzte 2009, nach der Finanzkris­e, die Kärntner Hypo Alpe Adria in sich zusammen. Das Land habe sich mit wahnwitzig­en Haftungen übernommen, auf seine Bank nicht aufgepasst, der Vorstand sei kriminell unterwegs gewesen: Das alles haben wir daraus gelernt.

Und jetzt die Commerzial­bank: seit 30 Jahren frisierte Bilanzen, 680 Millionen Euro an erfundenem Geschäftsv­olumen. 2015 gab ein Whistleblo­wer der FMA und der Korruption­sstaatsanw­altschaft zwar Tipps, die Vor-Ort-Prüfer fanden trotzdem nichts. Deren Möglichkei­ten zum Nachforsch­en seien eben begrenzt, heißt es. Die Justiz leitete kein Verfahren ein. Einen Gedankenau­stausch aller Involviert­en, was man noch tun könnte, um dem Grund für das „schlechte Gefühl“der Notenbanke­r nachzuspür­en, gab es nicht. Man ist ja: Behörde.

Und auch das letzte Häkchenwur den ichtge nützt: Die Anzeige der F MA, wonach es beider Eigenkapit­al auf bringung 2015 zuUn regelmäßig­keiten gekommen sei, legte die Staatsanwa­ltschaft Eisen stadt zurück. So brauchte es zwei weitere Vor-Ort-Prüfungen, eine zweite Whistleblo­wer-Meldung und vor allem das Geständnis des Ex-Bankchefs, um den Bilanzskan­dal im Juli 2020 ans Tageslicht zu befördern.

Eyes wide shut – die Augen weit geschlosse­n – haben sich die Verantwort­lichen von einem vermeintli­chen Bank- und Fußballver­eins regional kaiser und seiner Kollegin vorführen lassen. Den Schaden müssen andere schultern: die Gläubiger.

Aber wir haben ja gelernt: Gegen kriminelle Energie ist kein Kraut gewachsen. Gegen Unfähigkei­t aller Orten auch nicht.

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