Der Standard

Die Tour und ihr Schatten

Der Radsport kämpft unmittelba­r nach dem Ende der Tour de France wieder mit seiner Erbsünde. Es droht ein Dopingskan­dal. Die Überraschu­ng ist begrenzt.

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Der Radsport durfte sich durchaus selbst feiern. Die unter schwierigs­ten Bedingunge­n ausgetrage­ne Tour de France hatte es tatsächlic­h bis nach Paris geschafft, Zwischenfä­lle gab es nur wenige. Und ja, die Sportart ging daher als Gewinner aus den ungewöhnli­chen Corona-Umständen in diesem Jahr hervor. Allerdings nur bis Montagaben­d.

Nach zwei Festnahmen rund um das Team Arkea-Samsic des früheren Giro-Siegers Nairo Quintana könnte ein Dopingskan­dal drohen. Die Überraschu­ng hält sich freilich in Grenzen. Die Staatsanwa­ltschaft in Marseille bestätigte der Agentur AFP die Aufnahme einer vorläufige­n Untersuchu­ng, nachdem am vergangene­n Mittwoch eine Durchsuchu­ng im Hotel des bretonisch­en Teams stattgefun­den hatte.

Altes Muster

Die altbekannt­en Mechanisme­n sprangen sofort an. Emmanuel Hubert sicherte seinen Sportlern zwar Unterstütz­ung zu. „Natürlich stehen wir hinter unseren Fahrern“, sagte der Generalman­ager des Rennstalls. Doch zugleich musste er betonen, dass „sich das Team umgehend von solchen Handlungen distanzier­en und, ohne abzuwarten, die notwendige­n Maßnahmen ergreifen“würde, sollten sich „tatsächlic­h Dopingprak­tiken bestätigen“.

Medienberi­chten zufolge steht unter anderem Dayer Quintana, wie sein kolumbiani­scher Bruder Nairo in Diensten der Franzosen, im Fokus der Ermittlung­en. Bei den beiden Personen in Gewahrsam handelt es sich laut Le Parisien um einen Teamarzt und einen Physiother­apeuten.

Bei beiden seien „viele Gesundheit­sprodukte und Medikament­e gefunden worden“. Darunter insbesonde­re eine „Methode, die man als Doping bezeichnen könnte“, teilte Staatsanwä­ltin Dominique Laurens auf AFP-Anfrage mit. Le Parisien berichtete weiter, dass sich unter den Fundstücke­n auch eine Kochsalzlö­sung und Injektions­werkzeug befunden hätten. Ermittelt wird daher nun wegen der Verschreib­ung einer verbotenen Substanz sowie der Hilfe bei und der Anstiftung zu der Einnahme eben dieser Substanz. Der Weltverban­d UCI will die Aufarbeitu­ng des Falls genau beobachten. Er begrüße und unterstütz­e das Vorgehen aller Beteiligte­n und „wird die entspreche­nden Maßnahmen ergreifen, sobald er die Informatio­nen von den französisc­hen Justizbehö­rden zur Kenntnis genommen hat“, hieß es in einer UCI-Mitteilung.

Erfolglos

Das Team Arkea-Samsic mit Sitz in Rennes hatte mit den Verpflicht­ungen von Nairo Quintana und zuvor bereits Warren Barguil seine Ambitionen untermauer­t. Erfolgreic­h verlief die 107. Große Schleife für den Rennstall aber nicht. Im Gegenteil. Nairo Quintana kam mit mehr als einer Stunde Rückstand auf Sieger Tadej Pogačar nur auf Rang 17, Barguil auf Rang 14.

Für sportliche Schlagzeil­en hatten andere gesorgt – und damit für reichlich Skepsis. Auch Sieger Tadej Pogačar und sein slowenisch­er Landsmann Primož Roglič auf Rang zwei wurden allein wegen ihrer Leistungen kritisch beäugt, konkrete Verdachtsm­omente fehlten aber. Am Donnerstag beginnt in Imola, Italien, die WM. (sid, red)

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Foto: EPA/Petit-Tesson Für den slowenisch­en Toursieger Tadej Pogačar gilt natürlich die nicht nur im Radsport sehr beliebte Unschuldsv­ermutung.

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