„So etwas wird es nie wieder geben“
Man nannte sie „die drei Musketiere“. Thomas Muster, Horst Skoff und Alexander Antonitsch sorgten im Daviscup für Euphorie. Antonitsch erinnert sich nicht ohne Wehmut und rückt eine urbane Legende zurecht.
Bevor Muster, Skoff und Antonitsch die Bühne betraten, fristete der Tennissport in Österreich ein Nischendasein. Den Höhepunkt erreichte die neue Begeisterung 1990 im Prater.
STANDARD: Das Daviscup-Halbfinale gegen die USA jährt sich zum dreißigsten Mal. Wie sehen Ihre Erinnerungen aus?
Antonitsch: 30 Jahre? Wahnsinn. Da reißt es mich. Es ist wirklich Zeit vergangen. Das war Gänsehaut pur, ein einzigartiges Erlebnis. Das größte Tennisereignis, das es je in Österreich gegeben hat.
STANDARD: Wie ist es zu dieser kollektiven Ekstase gekommen? Antonitsch: Es hat sich über die Jahre aufgebauscht. 1988 sind wir in die Weltgruppe aufgestiegen, 1989 haben wir Australien 5:0 besiegt, und 1990 sind wir unter die letzten Vier eingezogen. Tom war die tragende Figur in dieser Euphorie. Wenn ich mir die alten Fotos ansehe, überkommt mich aber auch Wehmut.
STANDARD: Weil der Finaleinzug knapp, aber doch verpasst wurde? Antonitsch: Nein, weil zwei aus unserem Team gar nicht mehr unter uns sind. Der Horsti ist jetzt auch schon zwölf Jahre tot. Er war ein Wegbegleiter seit meinem zwölften Lebensjahr. Manchmal war unsere Beziehung schwieriger, am Ende war sie entspannt. Sein Begräbnis ist eine bittere Erinnerung.
STANDARD: Kapitän Filip Krajcik verstarb 2001 an einer Krebserkrankung. Was war er für ein Typ? Antonitsch: Er war der Zeremonienmeister. Wir waren gelinde gesagt keine homogene Truppe. Er konnte das Verhältnis austarieren, das war kein leichter Job. Unterm Strich hatten wir ein gemeinsames Ziel, wir wollten gewinnen.
STANDARD: Thomas Muster hat seine Spiele gewonnen. Er ließ Agassi und Chang keine Chance. Wie muss man diese Leistung einschätzen? Antonitsch: Er war eine Macht. Zu Hause auf Sand quasi unschlagbar. Unter Druck hat er geliefert. Dort, wo ein anderer zu denken angefangen hätte, ist er zur Bestform aufgelaufen. Ob im Prater gegen die USA oder später gegen Deutschland in Unterpremstätten.
STANDARD: In beiden Begegnungen hat Horst Skoff das entscheidende Match verloren. War er die tragische Figur dieser Wettkämpfe? Antonitsch: So weit wären wir ohne ihn gar nicht gekommen. Wir haben vor dem Halbfinale Spanien und Italien besiegt. Horsti hat damals in Barcelona den jungen Sergi Bruguera bezwungen. Auch nicht so leicht.
STANDARD: Gegen die USA hat Skoff eine 2:0-Satzführung gegen Chang nicht ins Ziel gebracht. Warum? Antonitsch: Wenn ich sage, er war angespannt, ist das ein Hilfsausdruck. Wer will ihm das verdenken. Im Grunde haben alle Beteiligten gescheppert wie ein Kluppensackerl.
STANDARD: Eine urbane Legende besagt, Skoff wäre am Sonntag bereits feiern gegangen.
Antonitsch: Er war nicht unterwegs, das muss man ein für alle Mal klarstellen. Bei ihm lagen Genie und Wahnsinn knapp beieinander, aber da hat er sich nichts zuschulden kommen lassen. Wir haben ja auch das Doppel verloren.
STANDARD: Mittlerweile ist der Daviscup ein Schatten seiner selbst, er findet als Finalturnier in Madrid statt. Antonitsch: So etwas wie damals wird es nie wieder geben. Was wäre los, wenn Österreich heute mit Dominic Thiem gegen Deutschland ein Daviscup-Halbfinale in Wien spielen würde? Den Daviscup haben sie umgebracht. Das tut schon weh.
ALEXANDER ANTONITSCH (54) spielte bis 1996 auf der ATP-Tour. Er ist Direktor des ATP-Turniers von Kitzbühel.