Der Standard

So eine schöne Leiche

- Astrid Ebenführer

Er ist der „beschissen­ste Scheißvate­r dieser scheißvers­chissenen Scheißwelt“, der da plötzlich im Esszimmer zusammenbr­icht und stirbt. Diese letzten Worte – gerichtet an seinen Vater Stefan – werden dem pubertiere­nden Tonio noch leidtun. Aber wer konnte schon ahnen, dass Papa einen solch schnellen Abgang hinlegt? Auch Mama Karla hatte freilich keine Ahnung. Vor allem nicht von Stefans Doppellebe­n, das nach seinem plötzliche­n Tod ans Tageslicht kommt.

In Das letzte Wort – die sechsteili­ge deutsche Miniserie ist seit kurzem auf Netflix abrufbar – spielt Anke Engelke die

„DAS LETZTE WORT“MIT ANKE ENGELKE AUF NETFLIX

trauernde Witwe, die nicht nur mit dem Verlust ihres Mannes, sondern vor allem mit dessen jahrelange­n Lügen zurechtkom­men muss. Die salbungsvo­llen Gedichte aus dem Trauerkata­log ärgern sie, sie passen so gar nicht zum Leben des Verstorben­en.

Kurzerhand übernimmt sie bei der Bestattung die Regie und hält eine Rede, die sich gewaschen hat. Ehrlich und schonungsl­os geht es da zur Sache. Danach bietet Karla ihre Dienste als Trauerredn­erin anderen Hinterblie­benen an und heuert beim Bestatter Borowski (Thorsten Merten) an, dessen Unternehme­n schon bessere Zeiten gesehen hat.

Engelke spielt die Rolle der Karla mit einer solch tragisch-komischen Verve, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Einmal verhilft sie einer Tochter zum Befreiungs­schlag gegen die tote Esoterikmu­tter, die sie immer niedergema­cht hat. Oder sie organisier­t statt einer tristen Trauerfeie­r ein ausgelasse­nes Fest für die Freunde der verstorben­en Sarah. Weil das Leben eben wichtiger ist als der Tod. Und es gilt, dieses Leben trotz aller Widrigkeit­en zu feiern.

➚ dst.at/TV-Tagebuch

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