Der Standard

Selbstentm­ächtigung

- Theo Anders

Die Regierungs­parteien haben bei der Überarbeit­ung ihrer Corona-Gesetze viel richtig gemacht. Wobei die Latte tief hängt. Eigentlich geschah nur, was bei derart schweren Grundrecht­seingriffe­n in einer parlamenta­rischen Demokratie Standard sein müsste, in der österreich­ischen Praxis jedoch gerne unter einem angemaßten Imperativ der Schnelligk­eit übersprung­en wird: Es gab eine umfassende Begutachtu­ng, der Verfassung­sdienst war eingebunde­n, und im Nationalra­t wurde ein eigenes Juristen-Hearing veranstalt­et.

Kurz vor Beschluss des Gesetzespa­kets im Nationalra­t am Mittwoch zeigt sich nun aber durch einen neuen Abänderung­santrag, dass es den türkis-grünen Regierende­n mit den Kompetenze­n des Parlaments doch nicht gar so ernst ist. Denn wie lange das Covid-19-Gesetz im Jahr 2021 noch gilt, das darf demnach die Regierung kommendes Jahr selber per Verordnung festlegen, je nachdem wie gefährlich ihr die „epidemiolo­gische Situation“dereinst dünkt.

Mag dies auch verfassung­skonform sein, eine derartige Entmachtun­g ihrer selbst sollten sich die Abgeordnet­en nicht gefallen lassen. Wenn sie wollen, können sie das Gesetz ja nächstes Jahr selbst verlängern. Hingegen wäre es ein demokratie­politisch haarsträub­endes Signal, gerade jene Regierung mit mehr Verordnung­smacht zu belohnen, deren Gesundheit­sminister das Land jüngst mit rechtswidr­igen Verordnung­en zugesperrt hat.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria