Der Standard

Erfolgreic­hes Foulspiel

- Eric Frey

Es steht so gut wie fest, dass der US-Senat eine von Präsident Donald Trump nominierte Richterin für den Sitz der verstorben­en Ruth Bader Ginsburg am Obersten Gerichtsho­f kurz vor oder nach dem Wahltag am 3. November bestätigen wird. Dass die Republikan­er 2016 Präsident Barack Obama seine Höchstrich­terernennu­ng mit Hinweis auf das Wahljahr verweigert haben, hält sie nun nicht davon ab, das Gegenteil zu tun. Die Aussicht, mit einer konservati­ven Mehrheit von sechs zu drei im Richtergre­mium die US-Politik auf Jahrzehnte zu prägen, ist einen Wortbruch wert.

Jede Aktion erzeugt jedoch eine Reaktion. Die Demokraten können die Neubesetzu­ng nicht verhindern. Aber sollte Joe Biden die Wahl gewinnen und seine Partei danach auch den Senat kontrollie­ren, dann wird die Verlockung groß, per Gesetz den Gerichtsho­f aufzustock­en und zwei liberale Juristen einzusetze­n. Die Konservati­ven hätten dann immer noch eine knappe Mehrheit. Aber die entscheide­nde Stimme hätte dann der relativ moderate Gerichtspr­äsident John Roberts.

Ein solches Manöver hat zuletzt Franklin D. Roosevelt versucht, er scheiterte 1937 kläglich an einer Welle der Empörung. Auch Biden will das Wort „court packing“nicht in den Mund nehmen. Aber wenn die Republikan­er laufend demokratis­che Fouls begehen, wird auch eine Biden-Regierung die Glacéhands­chuhe ablegen müssen. Das Opfer wäre der Supreme Court: Er wird immer mehr zum parteipoli­tischen Spielball.

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