Hausärzte wehren sich gegen Pflicht zu testen
Nicht alle Allgemeinmediziner wollen, wie es ein neues Gesetz vorsieht, Corona-Testungen in ihren Ordinationen durchführen. Sie fordern Wahlfreiheit.
Künftig sollen Corona-Testungen auch bei Hausärzten durchgeführt werden können. Dafür haben sich Gesundheitsministerium, Ärztekammer sowie Allgemeinmediziner bereits ausgesprochen. Heute, Mittwoch, soll ein entsprechendes Gesetz den Nationalrat passieren. Es sieht vor, dass die Krankenversicherungsträger den Vertragsärzten eine Pauschale zahlen, das Geld dafür kommt aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds des Bundes.
Zuletzt gab es zu diesem Vorschlag aber auch kritische Stimmen. Die Testungen seien ein großer Aufwand, es brauche räumliche Ressourcen sowie genügend Schutzkleidung. Zudem seien einzelne Hausärzte ebenfalls Teil der Risikogruppe, sagt dazu etwa Alexandra Diamantopoulos-Kaltenbrunner
vom Österreichischen Hausärzteverband. „Natürlich können sich Menschen mit Symptomen zuerst an ihren Allgemeinmediziner wenden. Die Hausärzte aber zur ersten Anlaufstelle für Tests zu machen ist eine schlechte Idee“, so die Allgemeinmedizinerin. Der Verband befürchtet, dass sich dann noch weniger Patienten in die Ordinationen trauen, weil sie Angst vor einer Ansteckung haben. Zudem wolle man verhindern, dass Hausärzte zu den Testungen verpflichtet werden.
Das sei auch nicht geplant, entgegnete die Ärztekammer bereits. Die Testungen sollen auf freiwilliger Basis durchgeführt werden. Das derzeitige System mit 1450 sei überlastet und schaffe es nicht, in vernünftig kurzer Zeit Abstriche bei Verdachtsfällen durchzuführen, so Edgar
Wutscher, Obmann der Sektion Allgemeinmedizin der Ärztekammer. Die Testungen könnten auch vor den Ordinationen oder in Containern durchgeführt werden, um die Sicherheit aller Beteiligten zu gewährleisten, so ein Vorschlag der Ärztekammer.
Schnellere Diagnose
Viele Hausärzte arbeiten ohnehin täglich mit Laboren zusammen und wollen ihre Patienten rascher diagnostizieren, weiß Susanne Rabady, Vizepräsidentin der Gesellschaft für Allgemeinmedizin. Sie fordert, dass es in puncto Schutzkleidung „klipp und klar eine funktionierende Nachschublogistik geben muss“. Auch für die Verteilung soll es eine neue Regelung geben, die Kosten ebenfalls der Bund übernehmen. Der medizinische Betrieb habe mittlerweile so viel Übung mit diesen Schutzmaßnahmen, „dass wirklich keine Gefährdung von Arztpraxen ausgeht“, so Rabady, die in ihrer Ordination auch Menschen mit Erkältungssymptomen untersucht: „Wie soll ich sonst herausfinden, ob sie einen Test brauchen, oder einen schweren Verlauf ausschließen?“, sagt sie und ergänzt: „Kein Arzt, der das nicht will, muss Testungen durchführen. Aber die, die es möchten, sollen es dürfen. Wir sind heilfroh, dass das endlich ermöglicht wird.“
Aufgrund der hohen Nachfrage werde es im Herbst ohne Testungen bei Hausärzten gar nicht gehen, sagt auch der Allgemeinmediziner Wolfgang Mückstein von der Gruppenpraxis Medizin Mariahilf und schlägt separate Ordinationszeiten vor, um Verdachtsfälle zu testen.
Schon im Sommer hat sich die Versorgungsforscherin Andrea Siebenhofer-Kroitzsch dafür ausgesprochen, Hausärzte vermehrt in die Pandemiebekämpfung miteinzubeziehen: „Viele wollen Testungen durchführen, selbst bestimmen, wer getestet wird, und das Ergebnis erfahren“, so die Expertin. Mit Kollegen von der Med-Uni Graz hat sie im April für die „Covi-PrimStudie“2187 Hausärzte befragt und herausgefunden, dass viele gerne selbst testen möchten, weil über 1450 – so die Befürchtungen der Ärzte – „kaum medizinisch ausgebildetes Personal Abstriche entnimmt sowie ein Abfragealgorithmus entscheidet“, wer getestet wird. „Die Behandlung von Infektionserkrankungen war und ist eine Kernaufgabe der Hausärzte. Sie sind die Experten“, so Siebenhofer-Kroitzsch.