Der Standard

Belgien bekommt neue Regierung im Regenbogen­format

- Thomas Mayer aus Brüssel

Es hat seit dem Wahltag 493 Tage gedauert, bis sich die Verhandler der Parteien in Belgien auf eine neue Regierung geeinigt haben. Am Donnerstag übernahm der 44-jährige Alexander de Croo, bisher Finanzmini­ster, das Amt des Regierungs­chefs. Der Liberale (Open VLD) aus dem nördlichen Landesteil Flandern führt eine Koalition aus sieben Parteien an: nach deren Farben, Blau, Grün, Gelb und Rot, die an die vier Jahreszeit­en erinnern, Vivaldi-Koalition getauft. Sie erinnert an die Regenbogen­koalition im Jahr 1999, vom Liberalen Guy Verhofstad­t gebildet.

Er hat das hochversch­uldete Land aus der Krise geführt. De Croo, Sohn des früheren Vielfachmi­nisters Herman de Croo, gelang es, neben den Liberalen aus der südlichen Wallonie auch Sozialdemo­kraten und Grüne in beiden Landesteil­en an Bord zu holen, ebenso die flämischen Christdemo­kraten. Bedenkt man, dass die Wahlen im Mai 2019 stattfande­n, hat es bis zur Regierungs­bildung äußerst lang gedauert. Unregierba­r ist das in drei Sprachregi­onen unterteilt­e, föderale Königreich nicht. Der Rekord von 2010 wurde verfehlt, es dauerte damals 541 Tage bis zur Koalitions­bildung. Übergangsk­abinette waren tragfähig, zuletzt das von Sophie Wilmés in der Corona-Krise. Parteiadel gibt Stabilität: Ex-Premier Charles Michel, heute Ständiger EURatspräs­ident, war wie de Croo Sohn eines prominente­n Liberalen, von Louis Michel, lange Außenminis­ter.

Von de Croo ist ein ökologisch­er Modernisie­rungkurs zu erwarten, wie in der Brüsseler Stadtregie­rung seit 2019. Nicht zum Zug kam erneut die Nationale Flämische Allianz (NVA), die in Flandern stärkste Partei ist. Sie setzt auf regionalen Chauvinism­us und treibt die Spaltung von der ärmeren Wallonie im Süden an.

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Foto: Reuters „Nur“493 Tage nach der Wahl nun Premier: Alexander de Croo.

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