Warum es richtig war, Corona-Arbeitslosen breit zu helfen
Wifo-Chef Badelt lobt „Explosion staatlicher Subventionen“bei Teilvorstellung des Sozialberichts
Wien – Mit einem Minus von sechs bis sieben Prozent ist es der stärkste ökonomische Einbruch seit den 1950er-Jahren, gepaart mit der höchsten Neuverschuldung und dem beträchtlichsten Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich. Dennoch hätten sich in der Corona-Krise die Einkommensverluste unselbstständig Beschäftigter in Maßen gehalten, sagte der Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) bei der Vorstellung erster Ergebnisse einer großangelegten Studie zur sozialen Lage am Donnerstag im Sozialministerium.
Der Staat nämlich sei zu beträchtlichen Teilen eingesprungen. Trotz Erhöhung der Staatsverschuldung um 15 Prozentpunkte von 70 auf 85 Prozent sei das „richtig gewesen“, sagte Badelt: „Die Explosion staatlicher Subventionen war eine adäquate Reaktion auf die Krise.“
Staatliche Transferzahlungen hätten die Verluste durch Kurzarbeit und Jobverlust zum Teil aufgefangen. Menschen mit den niedrigsten Einkommen – konkret aus den untersten 20 Prozent der Einkommenspyramide – hätten zum Teil sogar dazugewonnen. Wer schon vor Corona arbeitslos war, habe von den in der Krise gewährten Zahlungen profitiert.
Anders sei das bei den sogenannte Corona-Arbeitslosen: Menschen, die ihren Job infolge der Antipandemiemaßnahmen verloren haben. Der Begriff sei im Zuge der Studie eigens geprägt worden, sagte Badelt. Unter den Corona-Arbeitslosen hätten Unselbstständige aus dem untersten Quintil – untersucht wurden bisher nur Menschen in Mehrpersonenhaushalten, weitere Teilbereichstudien folgen – durchschnittlich drei Prozent ihres Einkommens eingebüßt. Prozentuell weit höher seien die Verluste in den höheren Einkommensgruppen.
Die Zahl der Arbeitslosen stieg ab dem 16. März binnen 14 Tagen von 330.000 auf 499.000 Personen. Ende Juli waren weiterhin 385.000 Menschen ohne Job. Es werde bis ins Jahr 2024 dauern, um wieder eine Arbeitslosenrate von 7,4 Prozent wie im Jahr 2019 zu erreichen, sagte der Ökonom Martin Kocher.
Die Einnahmen der Sozialversicherung habe dieser „Beschäftigungsrückgang fünf Prozent trotz Kurzarbeit und weiteren Maßnahmen“geschmälert, während die Ausgaben zwischen Februar und August um 400 Millionen Euro stiegen, sagte Kocher.
Es wäre verkehrt, sich etwa durch die glimpflichen Daten bei den Einkommensverlusten täuschen zu lassen, sagte Wifo-Chef Badelt in seiner Schlussbemerkung: „Im Einzelfall haben viele Menschen ihre Existenz verloren. Ihnen gilt es zu helfen.“Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte, „dass aus der tiefsten Gesundheitskrise seit Jahrzehnten, keine soziale Krise entstehen“dürfe. Er kündigte weitere Teilberichte zur sozialen Lage an, etwa zu Selbstständigen, Alleinerziehenden und Menschen mit Behinderung.
Ampelumstellungen
Donnerstagnachmittag traf indes die Corona-Ampel-Kommission zu ihrer allwöchentlichen Sitzung. Erwartet wurde, dass mehrere Gemeinden auf Gelb oder Orange gestellt werden. Zu Rotfärbungen sollte es nicht kommen, hieß es im Vorfeld von Insidern. Zwei Gemeinden, die derzeit gelb sind, sollen außerdem grün werden. (bri)