Der Standard

Hoher Einsatz für Sobotkas Vereine

Der Glücksspie­lkonzern Novomatic unterstütz­te großflächi­g Organisati­onen im Umfeld von Wolfgang Sobotka (ÖVP). Für vier von fünf Fraktionen im U-Ausschuss Grund genug, Sobotkas Rückzug als Vorsitzend­er zu fordern – erfolglos.

- Renate Graber, Fabian Schmid

Wenn es politisch blitzt und donnert, dann blüht Wolfgang Sobotka erst auf. So beschreibt zumindest ein Weggefährt­e die Persönlich­keit des Nationalra­tspräsiden­ten. Wenn die Beschreibu­ng stimmt, hat Sobotka gerade Spaß. Denn alle Parteien abseits der ÖVP schießen sich auf Sobotka ein. Der Grund dafür liegt in Sobotkas Beziehung zum Glücksspie­lkonzern Novomatic, der wiederum im Ibiza-Ausschuss eine zentrale Rolle spielt. Und dem sitzt Sobotka ja bekanntlic­h vor.

Rücktritts­forderunge­n gegen Sobotka gab es schon seit dem Beginn des U-Ausschusse­s, als erstmals bekannt wurde, dass das von ihm gegründete Alois-Mock-Institut für Inserate in dessen Mock-Report Geld von der Novomatic bekam.

Das war, so die Opposition, aber nur die Spitze des Eisbergs. Ein Bericht des Wirtschaft­sexperten der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) ergab nun viele neue Erkenntnis­se. Auf 56 Seiten (ohne Beilagen) wurden Geldflüsse der Novomatic an das MockInstit­ut unter die Lupe genommen.

Schon ein Jahr nach der Gründung des Instituts 2012 unterstütz­te Novomatic den Verein tatkräftig: 30.000 Euro für „Kostenersa­tz“wird in Novomatic-eigenen Unterlagen notiert. Es folgten 20.000 und 10.000 Euro. Im April 2016 verließ Sobotka St. Pölten: Der Finanzland­esrat wurde Innenminis­ter. Sponsoring fürs Orchester

Statt „Kostenersa­tz“gab es dann genauere Abrechnung­en, insgesamt notierte die Novomatic für die Jahre 2016 bis 2019 exakt 48.934 Euro.

Dem Wirtschaft­sexperten der WKStA fielen aber noch mehr Details auf: etwa dass Novomatic ab Juni 2019 auch das Kammerorch­ester Waidhofen sponserte, vorerst einmal mit 8000 Euro. Dessen regelmäßig­er Dirigent: Sobotka.

Und wie kam es, dass die Novomatic den Vortrag eines Politikber­aters bezahlte, den der am 13. März 2017 für den niederöste­rreichisch­en ÖAAB (NÖAAB) gehalten hatte? Der Berater erklärt die Genesis der Geschichte so: Er sei vom NÖAAB zu der Veranstalt­ung eingeladen worden. Unter dem Vortragsti­tel „Die

neuen Prinzipien erfolgreic­her Politik“habe er zehn Thesen präsentier­t, stattgefun­den hat das im Haus 2.1 in St. Pölten. „Irgendjema­nd vom NÖAAB muss mir gesagt haben, dass ich die Rechnung an die Novomatic stellen soll“, erinnert er sich nur schwach an das weitere Vorgehen, es sei zwar die Ausnahme, komme aber vor, dass solche Vorträge gesponsert und vom Sponsor bezahlt würden. Er habe verlangt, dass das ausgewiese­n werden müsse.

Und wie begründet der Glücksspie­lkonzern die Angelegenh­eit? Novomatic habe „die Veranstalt­ung … in der Höhe von 2400 Euro unterstütz­t, wofür im Gegenzug u. a. das Logo der Novomatic platziert wurde“. Novomatic sei nicht der einzige Kooperatio­nspartner gewesen und wolle als großer Arbeitgebe­r auch beim NÖAAB präsent sein. Laut ÖVP Niederöste­rreich war der Betrag unter den Meldepflic­hten für den Rechnungsh­ofbericht.

Die WKStA hat jedenfalls schon einen Vorhabensb­ericht an die Oberstaats­anwaltscha­ft Wien geschickt. Über dessen Inhalt, also Aufnahme von Ermittlung­en oder

Zurücklegu­ng der Anzeige, wird die Öffentlich­keit nicht informiert. Allerdings: Die Causa wird wohl zurückgele­gt werden, strafrecht­liche Ermittlung­en dürften nicht folgen.

Darauf deutet zum einen die Geschwindi­gkeit hin, in der die WKStA ihren Vorhabensb­ericht erstellt und abgeschick­t hat. Anders gesagt: Hätten die Ermittler Hinweise, dass mehr hinter der Sache steckt, würden sie länger für die Anfangsver­dachtsprüf­ung brauchen. Eher kein Strafverfa­hren

Aus den Erkenntnis­sen des Wirtschaft­sexperten erschließe­n sich Gründe für eine allfällige Zurücklegu­ng der Anzeige. Bei den atypisch hohen Zahlungen der Jahre 2014 und 2015 – einmal exakt 30.000, einmal exakt 20.000 Euro – vermisst der Experte konkrete Leistungsv­erzeichnis­se, zudem fielen ihm die „auffallend runden“Beträge auf.

Eine direkte Verbindung der Zahlungen zu einem konkreten Amtsgeschä­ft, die Voraussetz­ung für Korruption ist, dürfte sich auch nicht herstellen lassen. Und selbst wenn das der Fall (gewesen) wäre: Die Sache

wäre verjährt. Der „Kostenersa­tz“aus dem Jahr 2016, die 10.000 Euro, entspreche­n ungefähr den Kosten für Catering und Ähnliches, die in den Jahren darauf übernommen wurden. Kurzum: kein Anfangsver­dacht, keine Ermittlung­en.

Die Frage, ob Sobotka, der als Auskunftsp­erson in dieser Angelegenh­eit sagte, es habe „nie“so etwas wie Spenden oder Sponsoring gegeben, damit die Wahrheit gesagt hat, bleibt offen. Er selbst lässt von Sprechern ausrichten, das sei die Wahrheit, die Opposition sieht es anders. Das Mock-Institut sagt dazu: „Die in diversen Foren genannten Summen, welche angeblich an das AloisMock-Institut überwiesen wurden, werden seitens des Instituts entschiede­n zurückgewi­esen.“Es handle sich um Novomatic-interne Verrechnun­gen, die „mit direkten Zahlungen an das Institut vermischt werden“dürften. In der ÖVP gibt es jedenfalls keinen Druck auf Sobotka. Ausgescher­t ist der EU-Abgeordnet­e Othmar Karas. Er verbreitet­e ein Zitat von Alois Mock: „Am Ende lohnt es sich, anständig und korrekt zu bleiben.“

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Die Beziehunge­n zwischen der Novomatic und dem U-Ausschuss-Vorsitzend­en Wolfgang Sobotka sorgen weiterhin für Kritik. Die prallt bisher an dem türkisen Urgestein ab.

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