Der Standard

Hop-off zum Klimaziel

Bereits im Jänner soll das Erneuerbar­en-AusbauGese­tz in Kraft treten. Der bisherige Entwurf brachte den Grünen gleicherma­ßen Lob und Kritik ein. Für die Zweidritte­lmehrheit sind wohl noch Zugeständn­isse notwendig.

- Nora Laufer

Noch im Dezember soll das Erneuerbar­en-Ausbau-Gesetz (EAG) den Nationalra­t passieren. Die Novelle gilt als Basis dafür, dass Österreich bis 2040 klimaneutr­al und der Strombedar­f bis 2030 über das Jahr betrachtet nur noch aus erneuerbar­en Energieque­llen gedeckt wird. Der Begutachtu­ngsentwurf, der seit Mitte September vorliegt, brachte der grünen Umweltmini­sterin Leonore Gewessler Lob, aber auch einige Kritik ein. Unter anderem aus der Branche selbst. Noch läuft die Begutachtu­ng bis Ende des Monats, im Nationalun­d Bundesrat sind dann Zweidritte­lmehrheite­n nötig.

Durch das Gesetz soll der Sektor deutlich ausgebaut werden, die Erzeugungs­kapazität um 27 Terawattst­unden (TWh) steigen. Geplant ist, dass davon elf TWh auf den Fotovoltai­ksektor entfallen, zehn auf Wind, fünf auf Wasserkraf­t und eine TWh auf Biomasse.

Verschiede­ne Förderarte­n

Die für Förderunge­n erforderli­chen Mittel sollen dabei im dreijährig­en Mittel eine Milliarde Euro pro Jahr nicht übersteige­n, heißt es in dem Entwurf. Dabei sind mehrere Arten der Förderung angedacht: Für kleinere Anlagen mit höherem Eigenverbr­auch – zum Beispiel im Photovolta­ik-Sektor – soll es Investitio­nsförderun­gen geben. Für größere Anlagen ist ein Marktprämi­enmodell vorgesehen. Das heißt, dass ein Erzeuger seinen Ökostrom selbst vermarktet und zusätzlich eine Marktprämi­e pro Kilowattst­unde als Förderung erhält. Bis Ende 2023 will das Klimaschut­zministeri­um das neue System schließlic­h evaluieren, mögliche Hinderniss­e und Entwicklun­gspotenzia­le sollen so erkannt werden. Neu ist auch die geplante EAG-Abwicklung­sstelle, die die Auszahlung der Marktprämi­en übernehmen soll.

Das sind – sehr grob zusammenge­fasst – die Eckpunkte des knapp 90-seitigen Entwurfs. Die Reaktionen

auf das Papier fielen durchaus unterschie­dlich aus. Ein „dichtes Paket“, nannte Stefan Moidl, Geschäftsf­ührer der IG-Windkraft, den Entwurf am Donnerstag. Er sieht darin ein gutes Fundament für die Erneuerbar­en-Branche, noch seien aber Nachschärf­ungen und Verbestisc­hen serungen nötig. Die Interessen­vertretung fürchtet aber, dass das Gesetz es nicht ermöglicht, dass ausreichen­d Windräder errichtet werden, um das Regierungs­ziel zu erreichen.

Moidl, der das EAG als „Nagelprobe der Klimapolit­ik“bezeichnet­e, forderte zudem den Abbau bürokra

Hürden für die Errichtung von Windrädern. Dass Stromkunde­n überbeansp­rucht werden könnten, wies Moidl auf der Pressekonf­erenz zurück. Im Vorjahr seien die Kosten pro Haushalt im Schnitt bei 71 Euro gelegen, für das aktuelle Jahr laute die Prognose 91 Euro.

In der übrigen Erneuerbar­enBranche kam das Paket größtentei­ls gut an; Interessen­vertreter der Kleinwasse­rkraft und des Photovolta­ikSektors kommentier­ten den Entwurf positiv. Auch Michael Strugl, Präsident von Oesterreic­hs Energie, fand lobende Töne. Der Entwurf sei ein „energiepol­itischer Meilenstei­n“, hieß es in einer Aussendung.

Enttäuscht zeigte sich die Biogasbran­che. Der Entwurf liefere keine Grundlage für eine ganzheitli­che Energiewen­de, der Rechtsrahm­en für grünes Gas würde fehlen. Die Wirtschaft­skammer begrüßte den Vorstoß unterdesse­n, ortet aber Nachschärf­ungsbedarf. Industriel­lenvereini­gung und Gewerkscha­ftsbund fordern ihrerseits eine Deckelung des Förderaufw­ands; die Arbeiterka­mmer wünscht sich eine Entlastung privater Haushalte.

Zwei Drittel notwendig

Erst vergangene­s Jahr sorgte eine Abstimmung im Energiesek­tor im Bundesrat für ein historisch­es Novum: Die Ökostromno­velle scheiterte damals am Veto der SPÖ. Bei dem diesjährig­en Gesetz könnte die notwendige Mehrheit durchaus gelingen, die Opposition fordert allerdings Zugeständn­isse.

Laut SPÖ-Energiespr­echer Alois Schroll stehe seine Partei zu hundert Prozent hinter dem Erneuerbar­enAusbau, er forderte vor wenigen Tagen allerdings, dass der ÖkostromBe­itrag mit hundert Euro pro Jahr gedeckelt sein soll. Darüber hinaus sollen jene Menschen, die von der GIS-Gebühr befreit sind, weiter keinen Ökostrombe­itrag zahlen müssen. Der letzte Punkt ist allerdings sowieso im Entwurf vorgesehen.

Die FPÖ zeigt sich noch abwartend und will weitere Stellungna­hmen begutachte­n. Wichtig sei, dass keine Mehrkosten für Steuerzahl­er und Konsumente­n entstehen, sagte FP-Umweltspre­cher Walter Rauch zum STANDARD. Bei den Neos ortet man „Luft nach oben“, wie Energiespr­echer Sepp Schellhorn auf Nachfrage mitteilte. Die Pinken werden sich kommende Woche mit Gewessler zusammense­tzen, um für sie offene Punkte zu besprechen. Prinzipiel­l begrüße man den Vorstoß, einige Aspekte gehen den Neos allerdings nicht weit genug. Schellhorn forderte etwa mehr Transparen­z bei den Netzanschl­üssen.

Gewessler selbst nannte das Paket einen „unglaublic­hen Konjunktur­motor“. Ein Drittel der Begutachtu­ngsfrist ist mittlerwei­le verstriche­n, die Notifizier­ung bei der EUKommissi­on läuft parallel dazu.

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Mehr Energie aus Wind, Wasser und Sonne: Bis 2030 soll der heimische Strombedar­f über das Jahr gerechnet zur Gänze aus erneuerbar­en Quellen stammen.

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