Der Standard

Russlands Zentralban­k rettet den Rubel

Währung durch zahlreiche Krisen unter Druck

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Moskau – Der Rubel hat schwere Monate hinter sich. Seit Sommerbegi­nn kannte die russische Landeswähr­ung nur eine Richtung: abwärts. Kostete ein Euro Anfang Juli noch rund 80 Rubel, so mussten die Russen Ende September mehr als 92 Rubel hinlegen. Ein Verlust von 15 Prozent. Allein im September verlor der Rubel rund sechs Prozent.

Schuld daran ist ein ganzes Bouquet von Krisen: So hat sich die Corona-Krise auch in Russland wieder massiv verschärft. Inzwischen gibt es rund 9000 Neuansteck­ungen pro Tag, wodurch Moskaus Oberbürger­meister Sergej Sobjanin sich genötigt sah, das Homeoffice für die in der Hauptstadt ansässigen Firmen anzuordnen.

Die wirtschaft­lichen Erwartunge­n werden nach einer kurzen Erholungsp­hase im Sommer damit erneut getrübt, zumal Russland auch wieder mit äußeren Ölpreissch­ocks rechnen muss.

Gleich zwei politische Krisen kamen im August dazu: Zunächst erklärte sich in Belarus Alexander Lukaschenk­o nach äußerst umstritten­en Wahlen zum Sieger und wurde dabei einzig von Moskau unterstütz­t, zum anderen wurde kurz darauf in Russland selbst der Opposition­elle Alexej Nawalny vergiftet. Die Affären haben das ohnehin gespannte Verhältnis Ost-West-Verhältnis weiter strapazier­t. Die Angst vor neuen Sanktionen gegen Russland ist groß.

Als wäre das nicht genug, haben Armenien und Aserbaidsc­han im Bergkaraba­ch-Konflikt nun eine dritte Front für Russland eröffnet, die das Land potenziell in einen Interessen­konflikt mit der Türkei bringen kann.

Retter in der Not

Dem Rubel, für dessen Kurs diese Entwicklun­gen Gift sind, kam nun die russische Zentralban­k mit ihrer Art Atropin-Spritze zu Hilfe. Der staatliche Finanzmark­tregulator will mit Währungsve­rkäufen die eigene Landeswähr­ung stützen. Die Verkäufe haben am Donnerstag begonnen und sollen bis Jahresende fortgesetz­t. Nach Einschätzu­ng der Zentralban­k sind umgerechne­t zwei Milliarden Euro nötig, um den Kurs zu stützen.

Pro Tag wirft die Zentralban­k nun rund weitere 30 Millionen Euro an Devisen auf den Markt. Das ist zusätzlich zu den rund 25 Millionen Euro, die das Institut einer Direktive des Finanzmini­steriums nach täglich verkauft, um den Haushalt abzusicher­n. Das Geld stammt aus dem Verkauf der Sberbank, deren Anteile die Zentralban­k im Februar an die Regierung abgetreten hat.

Daneben hat die Regierung auch die Staatsbetr­iebe angewiesen, ihre überschüss­igen Devisen aus Exportgesc­häften zu verkaufen. Sollten die Maßnahmen nicht ausreichen, gehen Marktbeoba­chter davon aus, dass die Zentralban­k an die Währungsun­d Goldreserv­en geht.

Das Vorgehen der Zentralban­k hat bereits erste Wirkung gezeigt. Der Rubelkurs hat sich erholt. Für Freitag legte die Zentralban­k den offizielle­n Wechselkur­s für den Euro auf 90,72 Rubel fest; damit ist der Euro fast zwei Rubel billiger als am Vortag. Der Dollar kostet 77,28 und damit 1,50 Rubel weniger als zuvor.

Ob die Stützungsm­aßnahmen nachhaltig sind, muss sich allerdings noch zeigen. Weiter ist sehr viel Unsicherhe­it im Markt. Werden Sanktionen gegen Russland beschlosse­n, nimmt der Druck auf den Rubel auch wieder zu. (ab)

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