Der Standard

Im Bann des Feuers

- Adelheid Wölfl

Die griechisch­e Regierung managt im Moment gleichzeit­ig mehrere Krisen: den Konflikt mit der Türkei um Seegrenzen und Erdgasvork­ommen, die Covid-19-Pandemie und die Versorgung von Flüchtling­en, die durch Brandstift­ung in einem Lager auf Lesbos obdachlos geworden sind. Athen macht das effizient, diplomatis­ch und schnell.

So hat die Regierung etwa das UN-Flüchtling­shilfswerk UNHCR beauftragt, auf Lesbos in Kara Tepe ein neues Lager zu bauen, was innerhalb von ein paar Tagen bewerkstel­ligt wurde. Die ehemals Obdachlose­n haben wieder ein Dach über dem Kopf und werden versorgt. Obwohl Kara Tepe nur ein Notfallsla­ger ist, war die Situation vergangene­n Winter im Lager Moria, als doppelt so viele Leute da waren und die Kinder Kälte und Müll ausgesetzt waren, schlimmer als jetzt.

Besonders rasch war man bei der Eindämmung der Pandemie im neuen Camp. Alle wurden getestet und Infizierte unter Quarantäne gestellt. Diese Leistung ist anzuerkenn­en. Insgesamt ist in Griechenla­nd die Anzahl der durch Covid-19 verstorben­en Personen prozentuel­l geringer als in Westeuropa.

Bei dem Brand in Moria ist niemand ums Leben gekommen. Wäre das in Österreich so passiert, hätte man ein Großer Gott, wir loben dich angestimmt. Doch im Fall von Lesbos meldeten sich von überallher Interessen­vertreter zu Wort und verteilten „gute“Ratschläge, was wann und wie zu tun sei, was einigermaß­en bevormunde­nd war. Vor allem war es unnötig, weil das in Griechenla­nd niemanden interessie­rte. Man hatte schließlic­h damit zu tun, die Krise zu managen. Z entral ist für die Griechen, richtige Botschafte­n zu senden. Flüchtling­e sollten nicht denken, dass sie aufs Festland oder nach Deutschlan­d gelangen könnten, wenn sie Camps anzünden. Kontraprod­uktiv waren und sind deshalb bis heute Evakuierun­gsrufe aus EU-Staaten oder von Hilfsorgan­isationen, weil sie den Anstrengun­gen der Behörden zuwider laufen, die Dinge in geordnete Bahnen zu lenken.

Prinzipiel­l ist es für die griechisch­e Administra­tion hilfreich, wenn andere EU-Staaten Geflüchtet­e aufnehmen, um das System zu entlasten. Athen hat aber beschlosse­n, Leute von mehreren Inseln nach Deutschlan­d zu schicken, das bereit ist, 1500 Flüchtling­e aufzunehme­n, um keinen Zusammenha­ng zwischen dem Brand in dem Lager auf Lesbos und diesen Umsiedlung­en herzustell­en. Diesen Zusammenha­ng sollten alle vermeiden – weil alles andere die falsche Botschaft inkludiere­n würde. Das Lager in Moria gibt es nun schon lange nicht mehr, und es muss auch nicht evakuiert werden.

Manchen Hilfsorgan­isationen war offenbar sogar ihre eigene politische Agenda wichtiger als der Schutz der Menschen, als sie etwa dem UNHCR Verrat vorwarfen, dass dieser dabei half, das neue Camp zu bauen. Wichtig wäre, die profession­ellen Organisati­onen und Behörden in Ruhe arbeiten zu lassen. Ihnen ist auch zuzutrauen, dass sie wissen, wo und wann sie Hilfsliefe­rungen – wie die 400 Zelte aus Österreich – einsetzen. Zu einer echten Hilfsberei­tschaft gehört nämlich Respekt.

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