Grün-türkiser Zweikampf um Bezirke
Die SPÖ stellt künftig 17 von 23 Bezirksvorstehern. ÖVP und Grüne regieren wohl in je drei Bezirken, die Josefstadt wackelt noch. Die FPÖ verliert in den Bezirksvertretungen mehr als zweihundert Mandate.
Bei den Bezirkswahlen wurde über insgesamt 1144 Mandate entschieden – pro Bezirk gibt es je nach Bevölkerungsgröße zwischen 40 und 60 Posten in der Bezirksvertretung zu vergeben. Wie sich diese Mandate auf die einzelnen Parteien aufteilen, wird wohl erst am Mittwoch feststehen, wenn auch die Briefstimmen endgültig ausgezählt sind. Die Hochrechnungen ergeben trotz einer Schwankungsbreite von drei Prozentpunkten allerdings bereits ein ziemlich genaues Bild, wie sich die Bezirke einfärben werden, denn die stärkste Partei darf automatisch den Bezirksvorsteher stellen.
Die SPÖ konnte alle ihre bisherigen 15 Bezirke halten und noch zwei dazugewinnen (siehe Kästen unten).
Bei einer detaillierteren Betrachtung der Bezirksergebnisse zeigt sich, dass die SPÖ vorwiegend in den Flächenbezirken stark dazugewonnen hat – in Favoriten plus acht Prozentpunkte, in Floridsdorf plus sieben, in der Donaustadt plus vier. Hingegen halten sich in den Innengürtelbezirken, mithin den grünen Bobo-Hochburgen, bei den Sozialdemokraten leichte Zuwächse mit leichten Verlusten die Waage.
Bürgerlich und grün
In Neubau verlor die SPÖ etwa drei Prozentpunkte, dort sind die Grünen mit über 40 Prozent besonders stark und stellen mit Markus Reiter weiterhin den Bezirksvorsteher. Reiter wird einer von zwei bis drei grünen Bezirkschefs sein – im Nachbarbezirk Josefstadt wackelt das Amt noch bis zum Schluss. Der bürgerliche Achte ist seit langem ein Swing-State zwischen ÖVP und Grünen, von 2005 bis 2010 regierte dort Heribert Rahdijan für die Grünen. Rahdijans Abspaltung von den Grünen mit einer eigenen Liste kurz vor der Wahl 2010 war allerdings auch ein Grund, weshalb die ÖVP den Bezirk drehen und wiederum zehn Jahre mit Veronika Mickel an der Spitze halten konnte. Dieses Jahr kehrte der 84-jährige Rahdijan wieder auf die grüne Liste zurück, wenn auch an hinterster Stelle. Diese Wiedervereinigung dürfte nun den Ausschlag für den hauchdünnen Triumph des Spitzenkandidaten Martin Fabisch gegeben haben – nach derzeitiger Hochrechnung liegen die Grünen mit 31 Prozent um einen Punkt vor der ÖVP.
Auch im ebenfalls bürgerlichen Währing wurde ein spannender Zweikampf zwischen ÖVP und Grüdings nen erwartet, doch der Abstand ist in den Hochrechnungen beträchtlich. Die grüne Bezirksvorsteherin Silvia Nossek wird sich demnach mit 35 Prozent gegen ihre türkise Herausforderin Kasia Greco (28 Prozent) durchsetzen.
Türkise Zugewinne überall
Die Volkspartei konnte nach derzeitigem Stand übrigens in jedem der 23 Bezirke prozentuell dazugewinnen; in den Flächenbezirken fallen die Zuwächse höher aus als in der Innengürtel-Region und in den westlichen Außenbezirken, aller
von sehr niedrigem Niveau ausgehend. In der Donaustadt etwa kletterten die Türkisen von 7 auf 19 Prozent, in Floridsdorf von 6,5 auf 17,5. In drei Bezirken siegte die Volkspartei, es sind dies die traditionellen Hochburgen mit gut betuchter Klientel – Hietzing, Döbling und die Innere Stadt.
Bei den Freiheitlichen manifestiert sich die ganze Dramatik des Wahldebakels weniger am Ende des Simmeringer Intermezzos denn am massiven Rückgang von Bezirksräten, wodurch das Gros der Funktionäre ihrer Mandate verlustig geht:
Von den jetzt 298 Bezirksräten dürften nur rund 80 übrig bleiben. Im migrantisch geprägten Favoriten, das von der FPÖ als „No-Go-Area“gebrandmarkt wurde, sannen nur 11 Prozent auf die blaue Errettung – ein Minus von 27 Prozentpunkten.
Linke Erfolge im Kleinen
Das Team Strache kommt in Favoriten auf 5,1 Prozent, wobei die Fünfprozenthürde auf Bezirksebene ohnedies keine Rolle spielt, weil es hier keine Sperrklausel gibt. Bei einem Durchschnittsbezirk mit 50 Sitzen reichen daher circa zwei Prozent aus, um einen davon zu ergattern. Das THC hat das nahezu flächendeckend geschafft. Da Strache selbst auf sämtlichen Bezirkslisten als Erster gereiht ist, dürfte er sich ein Mandat davon aussuchen. So könnte er theoretisch als Landstraßer Bezirksrat an jene Stelle zurückkehren, wo seine politische Karriere 1991 begann.
Die niedrige Barriere auf Bezirksebene wird auch anderen Kleinparteien zugutekommen. Das Bündnis Links darf auf 15 bis 20 Sitze hoffen: ein Achtungserfolg. Dessen Bedeutung ermisst sich nicht nur an der lokalen Verankerung, sondern auch daran, dass Geld aus der öffentlichen Parteiförderung an Mandate geknüpft ist. In Rudolfsheim-Fünfhaus und Margareten winken Links sogar zwei Mandate, damit würde man Klubstatus erlangen.
Das sensationelle Abschneiden der Bierpartei sorgt derweil bei Frontman Dominik Wlazny alias Marco Pogo für Kopfzerbrechen. Auf den Listen stehen nämlich nur sechs Leute, die Prognosen geben aber um die zwölf Mandate her. Die Bierpartei müsste somit Plätze nachnominieren. Kandidaten sind aber offenbar nicht rar: „Leute haben sich heute auf allen Kanälen mit Initiativbewerbungen bei mir gemeldet“, sagte Wlazny am Montag.