Der Standard

Probelauf für regionale Beschränku­ngen im Tennengau

Salzburger Bezirk Hallein ist aktuell Corona-Hotspot in Österreich – Anschober schließt Lockdown aus

- Thomas Neuhold

Wer wissen will, was man sich unter den vonseiten der Bundesregi­erung am Montag diskutiert­en „gezielten regionalen Maßnahmen“vorstellen soll, der kann diese aktuell im Salzburger Tennengau beobachten. Der Tennengau – deckungsgl­eich mit dem politische­n Bezirk Hallein – ist Infektions­hotspot in Österreich.

Auf 100.000 Einwohner gerechnet waren im Tennengau vergangene­s Wochenende in Sieben-TagesInzid­enz rund 240 Personen positiv getestet worden. Weitere 500 Personen sind behördlich abgesonder­t worden. Über die Zahl der tatsächlic­h erkrankten Menschen gibt es keine Daten, sie dürfte aber nach Auskunft eines Landesbeam­ten nicht besonders hoch sein.

Zum Vergleich: Im Bundesland Salzburg steht diese Infektions­kennziffer bei rund 90 Personen, in

Wien wurden 160 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen registrier­t. Auslöser der Infektione­n waren eine Hochzeit in der Gemeinde Adnet sowie ein privates Fest in der Gemeinde Kuchl.

Eine normale Landhochze­it

Entgegen anderslaut­enden Gerüchten wurden beide Veranstalt­ungen von Einheimisc­hen organisier­t. Es sei „eine Landhochze­it“gewesen, berichtet ein mit der Causa befasster Beamter, „mit Brautstehl­en und allem, was dazugehört“.

Bis vorläufig 26. Oktober sind im Tennengau alle Veranstalt­ungen und auch alle Privatpart­ys außerhalb des Wohnraumes verboten. An Begräbniss­en können maximal 100 Personen teilnehmen. Eltern dürfen die Kindergärt­en nicht mehr betreten, sie müssen die Kinder an der Tür abgeben. Für die besonders betroffene Gemeinde Kuchl gilt zudem eine Gastronomi­esperrstun­de ab 17 Uhr und ein Besuchsver­bot für Pflegeund Seniorenhe­ime.

Bei den Bürgermeis­tern der Tennengaue­r Gemeinden kommen die Beschränku­ngen nicht gut an. Grundsätzl­ich sollten Maßnahmen auf jene Gemeinden beschränkt bleiben, die rot oder orange seien, sagte der Halleiner Bürgermeis­ter Alexander Stangassin­ger (SPÖ).

Aber auch in der Bevölkerun­g dürfte die Kooperatio­nsbereitsc­haft abnehmen. Salzburgs Landessani­tätsdirekt­orin Petra Juhasz berichtet, dass es schwierig sei, „beim Contact-Tracing genaue Antworten zu bekommen“. Es nehme zu, dass man falsche Angaben bekomme. Der passive Widerstand mache das Tracing zu einer Sisyphusar­beit, berichtet ein mit der Nachverfol­gung befasster Beamter.

Die Stimmung in der Bevölkerun­g aber auch diverse Gerüchte haben Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) am Montag veranlasst, Spekulatio­nen über eine Verlängeru­ng der Herbstferi­en zur Verringeru­ng der Corona-Infektions­zahlen erneut zurückzuwe­isen: Die Herbstferi­en von 24. Oktober bis 2. November kämen wie geplant, betonte er im Ö1-Mittagsjou­rnal.

Kein Lockdown

979 Neuinfekti­onen mit dem Coronaviru­s sind österreich­weit innerhalb von 24 Stunden gemeldet worden (Stand: Montag, 9.30 Uhr). Vier weitere Menschen starben in Österreich mit dem Virus, womit bisher 855 Tote zu beklagen sind. Der Schnitt der täglichen Neuinfekti­onen in den vergangene­n sieben Tagen lag am Montag bei 1057.

Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) bestätigt vorerst aber nur, dass er zusätzlich­e Maßnahmen „in der Schublade“habe, Einen möglicherw­eise bevorstehe­nden zweiten Lockdown schloss er jedoch de facto aus.

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