Der Standard

Johnson verhängt weitere Covid-Einschränk­ungen

Ein dreistufig­es Warnsystem soll die Pandemie eindämmen – Nordenglan­d ist besonders betroffen

- Sebastian Borger aus London

Von Mittwoch an müssen viele Millionen Engländer neue Corona-Einschränk­ungen in Kauf nehmen. Nach detaillier­ten Konsultati­onen mit regional zuständige­n Politikern, vor allem im Norden des Landes, stellte der konservati­ve Premiermin­ister Boris Johnson am Montag im Unterhaus sowie abends im Fernsehen ein neues Maßnahmenp­aket vor. Demnach müssen im Großraum Liverpool Pubs und Restaurant­s für mindestens vier Wochen schließen. Der Bevölkerun­g wird von unnötigen Kontakten und Reisen abgeraten.

Schon bisher gilt im ganzen Land Maskenpfli­cht in Geschäften, Bussen und Zügen sowie die sogenannte Sechserreg­el: Sowohl drinnen wie draußen sind Treffen lediglich mit fünf anderen Menschen erlaubt. Landesweit sollen aber Schulen und Universitä­ten von der Schließung ausgenomme­n bleiben. Die schottisch­e Regionalre­gierung unter Ministerpr­äsidentin Nicola Sturgeon hatte bereits vergangene Woche sämtliche Gaststätte­n im bevölkerun­gsreichste­n Teil des Landes mit den Metropolen Edinburgh und Glasgow für zunächst 16 Tage geschlosse­n. Dass Johnson für das viel größere England nachzieht, entspricht lautstarke­n Forderunge­n von Epidemiolo­gen. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache.

Verdoppelu­ng der Zahlen

Einer großangele­gten Studie des Statistika­mts ONS zufolge infizierte­n sich in der vergangene­n Woche rund 224.000 Menschen mit SarsCoV-2. In der Woche zuvor lag die Zahl bei rund 116.000. Die Labore des Landes meldeten zuletzt im Wochendurc­hschnitt täglich 14.391 Positivfäl­le. In der Woche bis Sonntagabe­nd starben täglich durchschni­ttlich 68 Menschen an den Folgen einer Covid-Infektion. Insgesamt liegt die Zahl der Corona-Toten mittlerwei­le bei 42.825, was 630 Sterbefäll­en pro Million Einwohner entspricht (Österreich 95).

Hinter diesen ohnehin schon besorgnise­rregenden Zahlen verbergen sich erhebliche regionale Unterschie­de. In der ersten Oktoberwoc­he verzeichne­te das nordirisch­e Derry 772 Neuinfekti­onen. Nottingham meldete 734, Liverpool 528 neue Fälle. In einer Anzahl von Regionen Nordenglan­ds gibt es binnen einer Woche mehr als doppelt so viele Corona-Patienten.

Die Verantwort­lichen ziehen mittlerwei­le Parallelen zur ersten Welle der Pandemie. In den Spitälern würden derzeit bereits mehr Covid-Patienten betreut als am 23. März, dem Tag des nationalen Lockdowns, teilte Professor Stephen Powis, Gesundheit­samtsleite­r für England, am Montag mit. Gewiss hätten Ärzte und Pflegepers­onal seither enorm dazugelern­t, auch seien Alten- und Pflegeheim­e besser auf die Pandemie eingestell­t. Das Land müsse aber neue Maßnahmen ergreifen, „sonst erleben wir im Winter eine viel zu hohe Sterberate“. Powis hat deshalb die Mobilisier­ung dreier Notfall-Hospitäler in Manchester, Sunderland und Harrogate angeordnet.

Umfragen zufolge unterstütz­t die Bevölkerun­g mit Dreivierte­lmehrheit die bereits bisher geltenden Einschränk­ungen. Dazu gehört die Aufforderu­ng an Angestellt­e, möglichst viel Arbeit im Homeoffice zu erledigen, sowie eine 14-tägige häusliche Quarantäne für Heimkehrer aus Risikogebi­eten. Zu diesen zählen beispielsw­eise Spanien, Frankreich und die Türkei, aber auch Österreich und die Schweiz.

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Wie in anderen Metropolen auch gilt in Londons Bussen Maskenpfli­cht.

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