Lagarde fordert längere Staatshilfen
Laut EZB-Chefin Christine Lagarde sollten die Regierungen ihre Corona-Hilfen noch beibehalten, selbst wenn die Wirtschaft wieder Tritt fasst. An den Börsen wird eine Aufstockung des EZB-Hilfsprogramms erwartet.
Die Europäische Zentralbank (EZB) wird heuer nochmals in die Vollen greifen und ihre bisherigen Corona-Hilfen deutlich ausweiten. So lautet zumindest der Tenor an den Finanzmärkten, nachdem EZB-Chefin Christine Lagarde in der Vorwoche diesbezügliche Bereitschaft signalisiert hatte. Als wahrscheinlich gilt eine Aufstockung des Corona-Anleihenkaufprogramms Pepp, wofür die Notenbank bisher 1,35 Billionen Euro lockermachen will. Gemäß den Markterwartungen soll dieser Betrag noch heuer um 500 Milliarden aufgestockt werden. Zudem soll die Laufzeit des Programms bis Ende nächsten Jahres ausdehnt werden.
Zunächst wandte sich Lagarde jedoch an die Regierungen und mahnte auch von ihnen einen entsprechend langen Atem bei den Maßnahmen zur Krisenbekämpfung ein: Es gehe darum, dass etwa Staatsbürgschaften oder Kurzarbeiterregelungen nicht „plötzlich gestoppt“würden, sagte Lagarde am Montag im Vorfeld der diese Woche stattfindenden Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds.
„Wir hoffen, dass Politiker dies verstehen und auch beschließen, dass diese Maßnahmen noch eine Zeit lang weitergehen müssen – selbst wenn die Wirtschaft wieder Tritt fasst“, sagte Lagarde. Es müsse ein reibungsloser Übergang zu einer vollständigen Erholung geschaffen werden.
EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte unlängst darauf gedrängt, der Corona-Wiederaufbaufonds der EU müsse möglichst rasch umgesetzt und die dafür vorgesehenen Mittel sollten in die „produktivsten und nachhaltigsten Projekte“gelenkt werden. Italiens Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri erwartet im bestmöglichen Fall erste Auszahlungen aus dem 750 Milliarden Euro schweren Fonds jedoch erst für Jänner 2021.
Hinsichtlich einer baldigen Lockerung der Geldpolitik, wie sie an den Börsen erwartet wird, dämpfte EZB-Chefvolkswirt Philip Lane zuletzt die Hoffnung, dass dies noch in diesem Monat geschehen könnte. Die EZB werde abwarten, wie die Regierungen auf die Herausforderung reagierten, wenn sie ihre Haushalte für 2021 veröffentlichten. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter findet am 29. Oktober, dem Weltspartag, statt.
Wohl keine Zinssenkung
Vergangene Woche hatte Lagarde angekündigt: „Wir sind bereit, alle verfügbaren Werkzeuge einzusetzen, die zu dem wirksamsten, effizientesten und angemessensten Ergebnis führen.“Sogar Zinssenkungen schloss sie nicht aus, man halte derzeit andere Politikinstrumente für wirksamer, wozu auch Wertpapierkaufprogramme zählen. Dennoch betonte die EZB-Chefin, dass man noch nicht den Punkt erreicht habe, an dem die tiefen Zinsen mehr schadeten als nutzten. Banken müssen für Einlagen bei der Notenbank derzeit einen Strafzins von minus 0,5 Prozent bezahlen. (aha)