Der Standard

Ein Terminator fürs Leben

Der Dokumentar­film „Robolove“befasst sich unvoreinge­nommen mit Chancen und Risiken humanoider Robotik

- David Auer

Roboter heißt Sklave, meint ein KI-Spezi in der Doku Robolove. Man müsse Entwicklun­g von Robotern forcieren, damit die Androiden uns immer mehr und immer komplexere Arbeit abnehmen. Was hier als Hoffnung auf Glück ohne Ausbeutung aufscheint, kann sich allerdings, und das erwähnt er nicht, bald zum Horror auswachsen. Nicht im Sinne eines ,,Aufstands der Maschinen“, wie man es aus dem Kino kennt, sondern einer Anpassung an ihren Takt, wie man es aus der Geschichte kennt.

Statt dass die jeweils neuesten Erfindunge­n bloß unsere Arbeit übernommen und dabei mehr Zeit für Schönes abgeworfen hätten, haben wir uns unter dem Produktivi­tätsdogma stets noch ihren immer schneller werdenden Rhythmus einverleib­en müssen. Schlimmer noch: Die Technik macht nicht „das Hackeln“überflüssi­g, sondern letztlich die Menschen. Zukunftsmu­sik mit deutlich dystopisch­en Noten, die in Maria Arlamovsky­s dezidiert nichtalarm­istischer Dokumentat­ion nur manchmal anklingt.

Etwa dann, wenn ein Nachrichte­nsprecher scherzt, er wolle den Androiden, mit dem er sich später vor der Kamera unterhalte­n wird, nicht als möglichen Ersatz für seinen Posten darstellen. Die Angst vor der Austauschb­arkeit ist angesichts eines Robo-Pornos auch bei einer Gruppe von Sexarbeite­rinnen spürbar. Allerdings sehen diese das größte Problem darin, dass sich die Enthemmung ihrer Kunden gegenüber nichtmensc­hlichen Sexobjekte­n auf sie übertragen könnte. Beim Geschlecht­sverkehr, auch beim gekauften, gehe es natürlich ums Körperlich­e, sagen sie, aber ebenso ums Emotionale. Den genuin menschlich­en Kontakt könne ein Android nicht ersetzen.

Das Ziel vieler Robo-Expertinne­n und -Experten, die hier vorkommen, besteht allerdings genau darin: Wo Menschen wie Maschinen zu funktionie­ren haben, sollen jene sich so bald wie möglich wie Menschen verhalten und aussehen. Daran hapert’s aber gewaltig – noch! Das unterstrei­cht der Film mit vielen vergleiche­nden Nahaufnahm­en von Gesichtern und Fake-Fratzen. Und mit Komik: Unterhaltu­ngen mit latexüberz­ogenen Terminator-Körpern münden in Nonsense. Wenn sich ein Roboter durch die Haare fahren soll, gerät das zum Slapstick.

Robolove deckt viele Aspekte der Anthropomo­rphisierun­g von Androiden ab, und das in kurzweilig­en 80 Minuten. Darin schwärmen die interviewt­en Talking Heads davon, wie uns unsere künstliche­n Ebenbilder einmal die Care-Arbeit abnehmen werden; wie sie in der zunehmende­n Vereinsamu­ng der vielen als Begleiter fungieren und gar ewiges Leben qua Download des Bewusstsei­ns möglich machen werden. Unerwähnt bleibt aber, wer sich das wohl für lange Zeit allein leisten können wird.

Oberflächl­ich zwar um Balance bzw. Neutralitä­t bemüht sowie darum, das Urteil dem Publikum zu überlassen, bezieht der Film doch implizit eine von vornherein recht feststehen­de Position: nämlich die liberale eines unbedingte­n Fortschrit­tsglaubens. Jetzt im Kino

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Foto: Stadtkino Filmverlei­h Noch etwas steif in der Motorik: humanoide Roboter.

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