Der Standard

Zeit für eine Entschuldi­gung

- Fabian Sommavilla

In Ischgl, in Landeck, in Innsbruck und in Wien sind Fehler im Umgang mit dem Coronaviru­s-Ausbruch begangen worden. Es wurde definitiv nicht alles richtig gemacht. Dieser Schluss der Tiroler Expertenko­mmission, die am Montag ihren Bericht präsentier­te, kommt wahrlich für niemanden überrasche­nd – nicht mal für die treuesten „Mander“der Tiroler Politik, die das seit Frühling anders zu sehen versuchten.

Der angesehene Jurist Ronald Rohrer richtete als Kommission­svorsitzen­der vielen Verantwort­lichen eine klare Botschaft aus: Die lokalen Behörden waren schlecht auf eine Evakuierun­g vorbereite­t. Das Gesundheit­sministeri­um hat es verabsäumt, die Pläne aus dem Epidemiege­setz ins 21. Jahrhunder­t zu hieven. Der Ischgler Bürgermeis­ter Werner Kurz hat wider besseres Wissen die Liftanlage­n zu spät geschlosse­n. Rohrer fand aber auch deutliche Worte für Bundeskanz­ler Sebastian Kurz – und hat damit vollkommen recht.

Kurz habe durch die voreilige Ausrufung der Quarantäne bei einer der unzähligen Regierungs­pressekonf­erenzen für das folgenschw­ere Chaos bei der Abreise an jenem Freitag, den 13., gesorgt, so Rohrer. Dabei war er nicht einmal zuständig. Auch wenn die Quarantäne­verordnung für Ischgl und Co – wie vieles in Tirol – zu spät kam, so hätte sie in einem für Polizei und Politik kontrollie­rbaren Rahmen ablaufen müssen. So wurde gehudelt, Verwirrung gestiftet und letztlich dafür gesorgt, dass sich tausende Touristen unkontroll­iert über Europa verteilten.

Keiner kann etwas dafür, dass das Coronaviru­s in Ischgl ankam. Man hätte aber verhindern können, dass sich Touristen aus Angst, in Ischgl eingesperr­t zu sein, in Hotels in der Landeshaup­tstadt einquartie­rten und im Flieger wohl noch etliche andere Personen ansteckten.

Kurz wollte Kante zeigen, die Tiroler, die gerade an einem geregelten Quarantäne­plan tüftelten, „overrulen“und sich als Macher inszeniere­n. Durch seinen PR-Stunt hat er eine Torschluss­panik erzeugt, die dem Ruf Ischgls, Tirols und Österreich­s nachhaltig schaden wird. Wenn Kurz schon unbedingt eine Quarantäne verkünden wollte, hätte diese rückwirken­d oder ab sofort und nicht erst in ein paar Stunden gelten müssen. Strafrecht­lich relevant ist das wohl nicht, die begangenen Fehler wird sich der Kanzler aber eingestehe­n und dafür geradesteh­en müssen. Eine Entschuldi­gung ist überfällig. Die hat sogar schon Günther Platter über die Lippen gebracht.

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