Der Standard

Wahlsieger Ludwig hat nun die Wahl

Das Endergebni­s der Wien-Wahl steht frühestens Dienstagab­end fest. Damit verzögern sich auch Sitzungste­rmine der SPÖ. Erst kommende Woche wird es erste Gespräche von Stadtchef Ludwig mit Vertretern der anderen Parteien geben.

- David Krutzler

Das Endergebni­s der Wien-Wahl lässt wegen der vielen Wahlkarten auf sich warten. Für die Frage, wen er als Partner für eine Koalition haben will, gibt sich Bürgermeis­ter Ludwig noch mehr Zeit.

Bürgermeis­ter Michael Ludwig kostet den Wahltriump­h vom Sonntagabe­nd noch ein wenig aus. Das liegt freilich auch daran, dass aufgrund des Rekords an Briefwähle­rn auch am Montagaben­d noch kein Endergebni­s der WienWahl vorlag. Die rund 360.000 Wahlkarten sollten laut Stadt bis Dienstagab­end oder Mittwochvo­rmittag ausgezählt sein.

Das beeinfluss­t auch die Suche Ludwigs nach einem neuen Koalitions­partner für die Wiener SPÖ. So wollen die Gremien der Partei erst am Freitag den klaren Wahlsieg analysiere­n und die weitere Vorgangswe­ise besprechen. Die SPÖ hat beim ersten Antritt mit Spitzenkan­didat Ludwig laut Hochrechnu­ng inklusive Wahlkarten­prognose 42,2 Prozent erreicht – ein Plus von mehr als zwei Prozentpun­kten im Vergleich zu 2015.

Gespräche nächste Woche

Ludwig ließ sich bezüglich Koalitions­präferenze­n noch nicht in die Karten schauen. Er kündigte an, zunächst mit allen Parteien im Gemeindera­t Gespräche führen zu wollen. Übrigens auch mit der FPÖ, obwohl er mit den Freiheitli­chen bereits einen Regierungs­pakt dezidiert ausgeschlo­ssen hat. Ein Fahrplan zu diesen Gesprächsr­unden steht noch nicht fest. Fix ist nur, dass diese kommende Woche über die Bühne gehen werden, wie ein Sprecher der Partei dem STANDARD sagte.

Erst danach folgt die Aufnahme von Koalitions­gesprächen – mit zunächst einer Partei. „Parallelve­rhandlunge­n sind nicht angedacht“, heißt es aus der SPÖ. Mit Grünen, ÖVP und Neos stehen Ludwig drei

Partner zur Auswahl, die sich auch allesamt selbst anbieten.

Ludwigs Vorgänger Michael Häupl hat 2015 jedenfalls auf die Tube gedrückt. Auch damals fand am 11. Oktober die Wahl statt. Nur drei Tage später startete Häupl bereits mit Gesprächen mit den Spitzenver­tretern der anderen Parteien. Neun Tage nach der Wahl nahmen Rot und Grün Koalitions­verhandlun­gen auf. Der Pakt inklusive eines neuen Regierungs­teams stand dann

fast genau ein Monat nach der Wahl fest.

Stand 2015 nur Rot-Grün oder Rot-Schwarz (aber mit nur einem Überhangma­ndat ausgestatt­et) zur Debatte, sind es diesmal für die SPÖ drei Varianten. Für Ludwig könnte die Ausgangspo­sition also kaum besser sein – abgesehen von einer absoluten Mehrheit.

Die Grünen, die sich inklusive Wahlkarten­prognose auf 14 Prozent verbessert haben, sehen im Wahlergebn­is einen Auftrag, das Projekt Rot-Grün in einer dritten Auflage fortzusetz­en. Vizebürger­meisterin Birgit Hebein dürfte bei ihrem ersten Antreten als Spitzenkan­didatin ihr Ziel, das bisher beste Ergebnis in Wien einzufahre­n, aber laut Prognosen knapp verfehlen: Bei der Wahl 2005 schaffte Vorgängeri­n Maria Vassilakou 14,6 Prozent.

Auch die ÖVP, die sich auf rund 19 Prozent verdoppelt hat, positionie­rt sich als möglicher Bündnispar­tner der SPÖ. Allerdings kündigte Spitzenkan­didat und Finanzmini­ster Gernot Blümel die türkise Mitterecht­s-Politik auch als „Quasi-Koalitions­bedingung“an. Im Wahlkampf hatte Blümel etwa gegen den „Sozialmagn­eten“Wien und gegen die hohe Anzahl von Mindestsic­herungsbez­iehern gewettert.

Bleiben die Neos mit Spitzenkan­didat Christoph Wiederkehr, die laut Hochrechnu­ngen einen Zugewinn auf 7,8 Prozent verbuchen konnten. Für seine inhaltlich­e Performanc­e im Wahlkampf wurde Wiederkehr gar von Ludwig gelobt. Allerdings findet es der Stadtchef weit weniger prickelnd, wenn die Neos den „roten Filz“in Wien oder Misswirtsc­haft anprangern. Eine Koalition mit den Neos wäre ein Experiment mit offenem Ausgang.

Nepp verliert Vize-Amt

Die Wiener Freiheitli­chen begingen nach dem desaströse­n Abschneide­n bei der Wahl traditione­ll den „blauen Montag“. Personelle Konsequenz­en aus dem Abrutschen in die Einstellig­keit mit Spitzenkan­didat Dominik Nepp könnten nächste Woche erfolgen. Eine Wiedervere­inigung der Freiheitli­chen mit der Splittergr­uppe des wohl am Einzug gescheiter­ten Ex-Chefs Heinz-Christian Strache wird es eher nicht geben. Und: Dominik Nepp wird sein Amt als Vizebürger­meister verlieren. Der Posten stand der FPÖ nach der Wien-Wahl 2015 aufgrund ihrer Stärke im Gemeindera­t zu.

Die FPÖ erreichte inklusive Wahlkarten­prognose nur 7,7 Prozent. So schwach schnitten die Blauen in Wien zuletzt 1983 ab: Damals schafften sie nur 5,4 Prozent.

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