SPÖ mit Neos
Wären die Neos der Koalitionspartner der SPÖ, dann wären sie wohl so etwas wie die nervige kleine Schwester, die petzen geht, wenn der Große etwas falsch gemacht hat. Möglich wäre die Konstellation jedenfalls: Die Pinken, die sich in der Rolle gefallen würden, gieren nach Regierungsverantwortung, und die Roten schließen deren Beteiligung zumindest nicht aus.
Inhaltliche Gemeinsamkeiten gebe es einige. Etwa im Bereich Bildung, der den Neos ein Herzensthema ist. Da sind etwa beide Parteien dafür, dass die Gesamtschule in ganz Wien praktiziert wird. Außerdem wollen beide die Muttersprache der Kinder im Regelunterricht fördern und im Gegenzug keine Deutschpflicht in der Pause.
Auch gesellschafts- und gesundheitspolitisch gibt es Überschneidungen. Rot wie Pink positionieren sich gegen die geringere Sozialhilfe neu und für kostenlose Schwangerschaftsabbrüche im Wiener Gesundheitsverbund. Auffallend war zuletzt, dass sich Kritik der Neos in Bezug auf die Corona-Krise vor allem auf den Bund, kaum aber auf Wien konzentrierte.
Weniger einig ist man sich in Wirtschaftsfragen. Da sind die Neos betont liberaler als die SPÖ, etwa wenn es um Sonntagsöffnungen geht. Die Pinken treten da für eine generelle Flexibilisierung der Öffnungszeiten ein, die SPÖ ist aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes dagegen. Auch beim sozialen Wohnbau – einem roten Kernthema – sind die beiden uneins. Für die Roten sollen Sozialwohnungen vor allem an die Menschen gehen, die schon länger in Wien wohnen. Für die Neos soll das Einkommen im Vordergrund stehen.
Allerdings: Weder wirtschaftliche noch wohnbauspezifische Fragestellungen wären für die Neos eine rote Linie. Die ziehen sie bei den Bereichen Bildung und Kontrolle. In Bezug auf Letzteres fordern sie die „gläserne Parteikasse“und die Abschaffung von Versorgungsjobs. Für langjährige Regierende könnte das bedrohlich klingen.
Entscheidend wird in der Frage um Rot-Pink sein, ob die Roten sich mit einer so dünnen Mehrheit in die nächste Amtsperiode trauen. Auf der anderen Seite müssen die Neos entscheiden, ob sie auch ohne (Bildungs-)Stadtratsposten in die Regierung wollen. Und wie ernst sie es damit meinen, wenn sie sagen, sie wollen die Mächtigen kontrollieren.