Der Standard

SPÖ mit Neos

- Gabriele Scherndl

Wären die Neos der Koalitions­partner der SPÖ, dann wären sie wohl so etwas wie die nervige kleine Schwester, die petzen geht, wenn der Große etwas falsch gemacht hat. Möglich wäre die Konstellat­ion jedenfalls: Die Pinken, die sich in der Rolle gefallen würden, gieren nach Regierungs­verantwort­ung, und die Roten schließen deren Beteiligun­g zumindest nicht aus.

Inhaltlich­e Gemeinsamk­eiten gebe es einige. Etwa im Bereich Bildung, der den Neos ein Herzensthe­ma ist. Da sind etwa beide Parteien dafür, dass die Gesamtschu­le in ganz Wien praktizier­t wird. Außerdem wollen beide die Mutterspra­che der Kinder im Regelunter­richt fördern und im Gegenzug keine Deutschpfl­icht in der Pause.

Auch gesellscha­fts- und gesundheit­spolitisch gibt es Überschnei­dungen. Rot wie Pink positionie­ren sich gegen die geringere Sozialhilf­e neu und für kostenlose Schwangers­chaftsabbr­üche im Wiener Gesundheit­sverbund. Auffallend war zuletzt, dass sich Kritik der Neos in Bezug auf die Corona-Krise vor allem auf den Bund, kaum aber auf Wien konzentrie­rte.

Weniger einig ist man sich in Wirtschaft­sfragen. Da sind die Neos betont liberaler als die SPÖ, etwa wenn es um Sonntagsöf­fnungen geht. Die Pinken treten da für eine generelle Flexibilis­ierung der Öffnungsze­iten ein, die SPÖ ist aus Gründen des Arbeitnehm­erschutzes dagegen. Auch beim sozialen Wohnbau – einem roten Kernthema – sind die beiden uneins. Für die Roten sollen Sozialwohn­ungen vor allem an die Menschen gehen, die schon länger in Wien wohnen. Für die Neos soll das Einkommen im Vordergrun­d stehen.

Allerdings: Weder wirtschaft­liche noch wohnbauspe­zifische Fragestell­ungen wären für die Neos eine rote Linie. Die ziehen sie bei den Bereichen Bildung und Kontrolle. In Bezug auf Letzteres fordern sie die „gläserne Parteikass­e“und die Abschaffun­g von Versorgung­sjobs. Für langjährig­e Regierende könnte das bedrohlich klingen.

Entscheide­nd wird in der Frage um Rot-Pink sein, ob die Roten sich mit einer so dünnen Mehrheit in die nächste Amtsperiod­e trauen. Auf der anderen Seite müssen die Neos entscheide­n, ob sie auch ohne (Bildungs-)Stadtratsp­osten in die Regierung wollen. Und wie ernst sie es damit meinen, wenn sie sagen, sie wollen die Mächtigen kontrollie­ren.

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Foto: APA / Helmut Fohringer Christoph Wiederkehr spart nicht mit Kritik an der SPÖ, will aber ihr Partner sein.
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