Der Standard

EU-Ampel begrenzt umsetzbar

Die EU-Europamini­ster haben sich auf die Empfehlung eines Ampelsyste­ms geeinigt, das Ordnung ins Chaos der Reisebesch­ränkungen bringen soll. In der Praxis wird das schwierig.

- Thomas Mayer

Drei Monate im Jahr finden alle EU-Ministerrä­te traditione­ll in Luxemburg statt – im April, Juni und Oktober. Die Europäisch­e Union und ihre Institutio­nen sind über ganz Europa verteilt, weshalb etwa Plenarsitz­ungen des EU-Parlaments gemäß Verträgen normalerwe­ise jeden Monat in Straßburg stattfinde­n.

Aber seit die Corona-Pandemie die EU-Staaten fest im Griff hat, seit lokale Lockdowns, Reisewarnu­ngen und Quarantäne­vorschrift­en der nationalen Regierunge­n wie Pilze aus dem Boden schießen, ist nichts mehr normal. Das gilt nicht nur für die EU-Bürger, die in ihrer Reiseund Arbeitsmig­rationsfre­iheit seither empfindlic­h eingeschrä­nkt sind.

Auch die EU-Institutio­nen selber sind betroffen. Weil Straßburg und das Elsass „rote Zonen“mit hohen Infektions­raten sind, musste das EU-Parlament seine Plenarsitz­ungen auf unbestimmt­e Zeit nach Brüssel verlegen. Abgeordnet­e wie Mitarbeite­r hätten sich bei Transfers in Quarantäne begeben müssen.

Aber auch die EU-Hauptstadt ist nun Hochrisiko­gebiet. Am Montag verzeichne­te Belgien mehr als 5500 Neuinfekti­onen binnen 24 Stunden. Jeder zehnte Coronatest fällt derzeit positiv aus. Die belgische Regierung könnte ab 1. November erneut einen Lockdown verordnen.

Bessere Koordinier­ung

Das Thema Corona dominierte schließlic­h auch beim Treffen der Europamini­ster am Dienstag in Luxemburg. Auf Vorschlag der deutschen EU-Ratspräsid­entschaft beschlosse­n diese eine Empfehlung an die Mitgliedss­taaten zur Einführung eines Corona-Ampelsyste­ms. Der Vorschlag sieht eine bessere Koordinier­ung der Staaten vor. Die Vorgaben kommen von der EU-GesundRate heitsagent­ur (ECDC), die eine Landkarte erstellt, auf der der Grad des Corona-Risikos in Farben dargestell­t wird – grüne, orange und rote Zonen. Es gibt drei Parameter dafür: die kumulative Zahl der Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner in den letzten 14 Tagen; die Zahl der Tests; und den Prozentsat­z der positiven Tests.

„Grün“ist eine Zone dann, wenn die Infektions­zahl unter 25 liegt und die Zahl der positiven Tests vier Prozent nicht überschrei­tet. Nur in diesem Fall verpflicht­en sich die Staaten, keine Reise- oder Quarantäne­aktionen gegen Partner zu starten.

Bei „Orange“und „Rot“sind die EU-Staaten frei in ihren Entscheidu­ngen, können Quarantäne und Tests bei der Einreise vorschreib­en. Auf Orange steht die Ampel, wenn die Neuinfekti­onen unter 50 pro 100.000 Einwohner liegen. Auf Rot wird die Ampel geschaltet, wenn die Infektione­n über 50 liegen und die positiver Tests über vier Prozent ist – oder wenn die Neuinfekti­onen höher als 150 pro 100.000 Einwohnern liegen, unabhängig von positiven Tests.

Mühsame Umsetzung

Das heißt: Derzeit gäbe es EUweit fast nur noch orange und rote Zonen. Wie mühsam eine Umsetzung wird, zeigte sich beim Ministerbe­schluss, der nicht einstimmig ausfiel. Luxemburg stimmte dagegen, weil die Kriterien unzureiche­nd seien, wie Außenminis­ter Jean Asselborn erklärte. Luxemburg ist rote Zone, es gibt eine Reisewarnu­ng von Deutschlan­d. In das Land pendeln täglich Zehntausen­de auch aus Frankreich und Belgien.

Österreich enthielt sich der Stimme, will über die genauen Bedingunge­n der Ampel weiter verhandeln, sagte Europamini­sterin Karoline Edtstadler.

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Für Grenzsperr­en soll es in der EU künftig klarere Regeln geben. Die Union will mit einer Ampel die Reisebesch­ränkungen besser koordinier­en.

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