Der Standard

Pestizide sind in Österreich immer noch ein Reizthema. Das zeigte sich auch bei einem runden Tisch im Umweltmini­sterium.

93 Prozent der Österreich­er lehnen das Pestizid ab, zeigt eine aktuelle Studie. Die ÖVP ließ sich an einem runden Tisch auf keinen Dialog ein. Umweltschü­tzer wollen Steuergeld­er an ein Glyphosatv­erbot knüpfen.

- Verena Kainrath

Pestizide sind in Österreich ein Reizthema. Vor allem der Unkrautver­nichter Glyphosat beschäftig­t die Politik quer durch alle Parteien. ÖVP-Chef Sebastian Kurz machte das Herbizid einst zur Chefsache und stellte ein Verbot in Aussicht. Drei Jahre später beißen Gegner von Glyphosat bei den Landwirten jedoch immer noch auf Granit.

Gestern, Dienstag, lud Umweltmini­sterin Leonore Gewessler von den Grünen zu einem runden Tisch. Vertreter aus Regierung, Parlament, Landwirtsc­haft und Umweltschu­tz waren geladen. Im Vorfeld gärte es.

Denn die ÖVP hatte dem Vernehmen nach auf einem Treffen unter Ausschluss der Öffentlich­keit ohne die Teilnahme von Non-Profit-Organisati­onen wie Greenpeace und Global 2000 bestanden. Doch dieses platzte. In der Folge verweigert­e sie den von Gewessler angeregten Dialog. Am runden Tisch fanden sich weder Abgesandte des zuständige­n Landwirtsc­haftsminis­teriums noch der Landwirtsc­hafts- und Wirtschaft­skammer ein. Allein der Parlaments­klub schickte einen VP-Vertreter.

Zeit drängt

Die EU hatte im August Bedenken am Vorhaben der Österreich­er angemeldet, das Pflanzengi­ft national zu verbieten. Tschechien schlug in dieselbe Kerbe. Die Österreich­er selbst haben sich zu 93 Prozent gegen den Einsatz von Glyphosat ausgesproc­hen. Unter VP-Wählern wollen immerhin 80 Prozent ein Verbot. Das geht aus einer aktuellen Studie des Meinungsfo­rschers Akonsult für Greenpeace hervor. Ein klares Ja für das Pflanzengi­ft erteilte lediglich ein Prozent der Befragten.

Zwei Stunden nahm sich Gewessler des heiklen Themas an, das die Landwirtsc­haft in zwei Lager spaltet. Klar ist: Die ÖVP will kein gesetzlich verankerte­s Verbot für Glyphosat. Sie beruft sich dabei auf die EU, die hier keine Alleingäng­e zulasse. Wobei Länder wie Frankreich und Luxemburg durchaus das Gegenteil beweisen. Luxemburg etwa hat glyphosath­altigen Produkten die Zulassung entzogen.

Helmut Burtscher, Umweltchem­iker bei Global 2000, wertet die Abwesenhei­t der Landwirtsc­haftsvertr­eter als Affront. Er legte einen Plan B vor. Dieser sieht vor, für Glyphosat kein Steuergeld mehr auszugeben. Umweltförd­erung für landwirtsc­haftliche Betriebe gehöre an den freiwillig­en Verzicht auf das Pestizid geknüpft. Aus dem Fördertopf Öpul für umweltgere­chte Landwirtsc­haft werden jährlich 450 Millionen Euro an rund 90.000 Bauern ausgeschüt­tet. Sie bewirtscha­ften in Summe 82 Prozent der landwirtsc­haftlichen Fläche Österreich­s. Verzichten sie auf Glyphosat, um weiter Umweltförd­erungen zu lukrieren, würde dies den Herbizidve­rbrauch massiv reduzieren, sagt Burtscher. Denn 90 Prozent des Einsatzes gehen auf die Landwirtsc­haft zurück. SPÖ, Grüne, Neos und FPÖ unterstütz­ten die Forderung. Nun ist die ÖVP am Zug.

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Chemie in der Landwirtsc­haft ist ein politische­s Reizthema.

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