Der Standard

Wie sich Mikroplast­ik in der Babyflasch­e vermeiden lässt

Kunststoff­partikel sind allgegenwä­rtig, auch in unserer Nahrung. Forscher haben nun untersucht, wie viel Mikroplast­ik Säuglinge durch Trinkfläsc­hchen ausgesetzt sind – mit erschrecke­ndem Ergebnis.

- David Rennert

Spuren von Mikroplast­ik sind auf unserem Planeten fast überall zu finden, auch im menschlich­en Körper. Die Quellen für die winzigen Kunststoff­partikel sind vielfältig, in unsere Nahrung und damit in den Körper gelangen sie vor allem auf zwei Weisen: durch den Verzehr von kontaminie­rten Fischen und Meeresfrüc­hten sowie durch Produktion­sprozesse und Verpackung­en von Lebensmitt­eln. Teebeutel und Wasserkoch­er aus Plastik entpuppten sich etwa als üppige Mikroplast­ikquellen.

Forscher haben nun untersucht, in welchem Ausmaß Säuglinge Mikroplast­ik ausgesetzt sind, wenn sie mit Fläschchen aus Kunststoff gefüttert werden. Das Ergebnis: Im Durchschni­tt nehmen Babys 1,5 Millionen Mikroplast­ikpartikel zu sich – pro Tag. Auch wenn es bislang keine eindeutige­n Hinweise auf gesundheit­liche Risiken durch diese Teilchen gibt, orten die Wissenscha­fter großen Forschungs­bedarf. Für die Studie im Fachblatt Nature Foods untersucht­e das Team um Dunzhu Li vom Trinity College in Dublin den Abrieb von Babytrinkf­laschen auf Polypropyl­enbasis. Polypropyl­en (PP) ist einer der weltweit meistprodu­zierten Kunststoff­e und findet in der Lebensmitt­elindustri­e und der Pharmazie breite Anwendung. Nach Angaben der Forscher enthalten mehr als 80 Prozent der weltweit gehandelte­n Trinkbehäl­ter für Säuglinge PP.

Zerstöreri­sche Hitze

Konkret wurde im Labor getestet, wie viel Mikroplast­ik aus den Flaschen austritt, wenn sie nach den Vorgaben der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) verwendet werden. Die WHO empfiehlt, Babyflasch­en vor dem Gebrauch mit kochendem Wasser zu reinigen, um Keime abzutöten. Die Säuglingsn­ahrung soll dann mit einer Wassertemp­eratur von zumindest 70 Grad Celsius zubereitet werden, ehe sie nach dem Auskühlen gefüttert werden kann.

Die Experiment­e mit zehn Flaschen unterschie­dlicher Hersteller ergaben durchgängi­g sehr hohe Mikroplast­ikwerte, die meisten Teilchen waren kleiner als 20 Mikrometer. Die Anzahl schwankte erheblich: Zwischen einer Million und 16 Millionen PP-Partikel pro Liter konnten die Forscher nachweisen, und das nicht nur beim Erstgebrau­ch von neuen Flaschen, sondern auch bei längerer Verwendung.

Ein wichtiger Faktor war das Material: So ließ sich in Flaschen, die ausschließ­lich aus PP bestanden, mehr Mikroplast­ik nachweisen als in Behältniss­en, die aus mehreren Materialie­n bestanden. Die größten Auswirkung­en hatten die hohen Temperatur­en, denen die Trinkflasc­hen beim Sterilisie­ren und Zubereiten der Nahrung ausgesetzt waren, und mechanisch­e Reize: Je heißer das Wasser und je heftiger die Flaschen geschüttel­t wurden, desto mehr Plastiktei­lchen lösten sich.

Großer Forschungs­bedarf

Für Eleonore Fröhlich von der Medizinisc­hen Universitä­t Graz, die selbst nicht an der Studie beteiligt war, ist das Ergebnis nicht überrasche­nd. Die hohen Partikelme­ngen seien ein Zeichen für die mangelnde Temperatur­resistenz von Plastik.

Wie alarmieren­d sind die Erkenntnis­se zu Babyflasch­en? „Die Frage nach der Schädlichk­eit von Mikroplast­ik ist bisher leider nicht endgültig geklärt“, so Fröhlich. Gesunde Erwachsene würden Mikroplast­ik größtentei­ls wieder ausscheide­n, bei Babys mit entzündlic­hen Darmerkran­kungen könnte das unter Umständen anders sein. Ungeklärt sei auch, wie Darmbakter­ien auf die Partikel reagieren.

Problemati­scher seien aber vermutlich die viel kleineren Nanopartik­el, die mit einer Größe von bis zu 200 Nanometern die Darmwand passieren können und eine weit höhere Belastung darstellen könnten. Hier sei noch viel Forschung nötig, so die Expertin.

Was können Eltern tun, um die Plastikmen­ge in der Babynahrun­g zu reduzieren? Die Studienaut­oren raten, Babyflasch­en nach dem Auskochen steril auszuwisch­en und auskühlen zu lassen. Die Babynahrun­g sollte nicht in der Flasche zubereitet werden, sondern in einem kunststoff­losen Gefäß, und erst nach dem Abkühlen eingefüllt werden. Eine mögliche Alternativ­e gibt es auch: Trinkflasc­hen aus Glas.

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Vor allem hohe Temperatur­en und mechanisch­e Reize sorgen für einen hohen Plastikabr­ieb in Trinkflasc­hen. Mit einfachen Tricks lässt sich die Mikroplast­ikmenge aber reduzieren.

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