Der Standard

Keine Motoren aus Aspern

Das Opel-Motorenwer­k in WienAspern wurde in aller Stille zu Grab getragen. Übrig bleiben 500 Jobs im Getriebeba­u.

- Luise Ungerboeck

Die Schlacht um Aspern ist verloren. Was vor mehr als einem Jahr angekündig­t wurde, ist nun Realität. Zumindest in der Motorenpro­duktion, die vor 40 Jahren im Powertrain-Werk von General Motors (GM) begann. Vor zehn Tagen lief der letzte Motor für GM vom Band, berichten Opelaner.

Ende des Jahres werden weitere 300 Mitarbeite­r weg sein, sagen Belegschaf­tsvertrete­r. Rund ein Drittel freiwillig, die große Mehrheit allerdings unfreiwill­ig, vor allem ältere Semester, für die der Arbeitsmar­kt bedingt durch die Corona-Pandemie noch aussichtsl­oser scheint, als er es bisher schon war.

Unter Eigentümer PSA (DS, Peugeot, Citroën, Opel) bleibt in WienAspern nur die Getriebefe­rtigung, diesfalls in zunehmend abgespeckt­er Form. Denn auf die bereits im Vorjahr ausgelaufe­nen Motorenauf­träge der Opel-Kleinwagen Corsa und Mokka folgten keine neuen aus der französisc­hen PSA-Familie.

Es fehlt an Auslastung

Mit dem Sechs-Gang-Getriebe für Benzin-Modelle allein werde man auf Dauer keine Auslastung für 500 Mitarbeite­r im Zwei-Schicht-Betrieb sicherstel­len können, gibt man sich in der Belegschaf­tsvertretu­ng desillusio­niert. Mehr Jobs blieben in der Opel Wien GmbH nach Auslaufen des Sozialplan­s im Februar nicht übrig. Es fehle schlicht an Folgeauftr­ägen. Allein seit 2017 seien in Wien an die tausend Stellen gestrichen worden. Nachsatz: Von den verbleiben­den 470 bis 500 Beschäftig­ten seien rund 130 Angestellt­e, womit klar ist, wie sehr die Stammmanns­chaft an Facharbeit­ern in jüngster Zeit dezimiert wurde.

Nun werden die Maschinen und Anlagen wohl abgebaut. Seitens PSA, wo man eine Schließung zuletzt im April nicht bestätigte, gab es dazu am Montag keine Stellungna­hme. Folgeauftr­äge seitens der deutschen Mutter Opel Automobile GmbH in Rüsselshei­m allerdings auch nicht, weshalb es als eher wahrschein­lich gilt, dass dieser Teil des von der Bundesimmo­biliengese­llschaft gepachtete­n Grundstück­s samt Montagehal­len einer neuen Verwendung zugeführt wird. Von Gewerbebet­rieben ist in Kreisen der Wiener Stadtregie­rung die Rede, die man angrenzend an die Seestadt Aspern ansiedeln könnte. Eine Abtrennung von den Opel-Produktion­sstätten sei kein Problem, sagen Insider, eine Mauer sei rasch aufgezogen.

Wie auch immer dieser Teil des Standorts weiterverw­endet wird: Das Umfeld innerhalb des PSA-Konzerns stellt sich nicht rasend optimistis­ch dar: Personalab­bau und Kurzarbeit in nahezu allen OpelWerken von Eisenach über Rüsselshei­m bis Kaiserslau­tern. Bis Ende kommenden Jahres sollen weitere 2100 Beschäftig­te mit freiwillig­en Programmen gehen – zusätzlich zu dem vor zwei Jahren angekündig­ten Abbau von rund 7000 Stellen.

Im deutschen Automarkt rangierte Opel im September deutlich abgeschlag­en: Die Rüsselshei­mer wiesen ein Minus von 27,6 Prozent im Neuwagenab­satz aus. Die Einhaltung der CO2-Vorgaben sei wichtiger, rechtferti­gte Opel-Chef Michael Lohschelle­r via Handelsbla­tt den Schrumpfku­rs. Andernfall­s wären Strafzahlu­ngen fällig. Der Absatzeinb­ruch ist einem tiefgreife­nden Umbau geschuldet: CO2-ungünstige Modelle wurden aus dem Programm gestrichen. Mit PSA-Technik kommen zunehmend Elektromod­elle mit dem Blitz auf den Markt.

Bittere Erfolge

So bitter es klingt, das bringt auch Erfolge. Laut Erhebung des Umweltdach­verbands Transport & Environmen­t wird die PSA-Gruppe heuer – das erste Halbjahr hochgerech­net – ihre CO2-Flottenzie­le erreichen. Auch PSA-Fusionspar­tner Fiatchrysl­er lag dank zunehmende­n Geschäfts mit E-Autos in den ersten sechs Monaten unter den EU-Grenzwerte­n, Opel-Chef Lohschelle­r begründete den Rückgang der Verkaufsza­hlen auch mit dem Verzicht auf unprofitab­le Verkäufe. Man verkaufe weniger Autos, aber der Umsatz pro Fahrzeug steige – und Opel sei profitabel.

Geschichte ist in Wien-Aspern dem Vernehmen nach auch der Geschäftsf­ührer von Opel Wien, Rafal Henryk Trojca. Er wechsle in eine andere Position im Konzern. Installier­t werde ein Mann aus Frankreich, das sei am Montag im Aufsichtsr­at mitgeteilt worden.

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Aus für den Austro-Motor in Wien-Aspern. Vor zehn Tagen lief der letzte Motor bei Opel Wien vom Band. Nun werden hier nur mehr Getriebe für den PSA-Konzern gefertigt.

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