Der Standard

Der Sport vermisst die Verhältnis­mäßigkeit

Kein Verständni­s für Reduktion der Zuschauerz­ahlen – Warnung vor Bewegungsm­angel durch Versammlun­gsbeschrän­kung

- Sigi Lützow

Zwischen Verwunderu­ng und Empörung bewegen sich die Reaktionen des organisier­ten Sports auf einige der am Montag verkündete­n und ab Freitag gültigen Prävention­smaßnahmen. Nicht zuletzt auch den Breitenspo­rt trifft die Versammlun­gsbeschrän­kung auf maximal sechs (im Freien) bzw. zwölf Personen (in geschlosse­nen Räumen) in Hinblick auf Trainingsk­urse und Wettkämpfe.

„Maßnahmen, die es den Vereinen immer schwierige­r machen, der Bevölkerun­g Sport anzubieten, führen in weiterer Folge zu Bewegungsm­angel. Das kann nicht das Ziel der Bundesregi­erung sein“, ließ Hans Niessl, der Präsident von Sport Austria und also Vertreter aller Sportverbä­nde, per Aussendung wissen. Lediglich in Teamsporta­rten sind weiter so viele Teilnehmer wie notwendig erlaubt.

Praktisch ausschließ­lich den Profisport trifft die Reduzierun­g der Zahl von Zusehern auf zugewiesen­en Plätzen von 3000 auf 1500 im Freien bzw. von 1500 auf 1000 in geschlosse­nen Räumen. Niessl dazu: „Dann schauen sich die Menschen Sport eben in Gruppen im Fernsehen an: unkontroll­iert in engen, geschlosse­nen Räumen statt auf Sportstätt­en, wo sie präventive­n Regeln unterliege­n und wo vor allem outdoor ein sehr geringes Ansteckung­srisiko vorhanden ist.“

Nicht nur Sport Austria kritisiert die Relation zwischen den nun verkündete­n Beschränku­ngen und dem Fassungsve­rmögen von Veranstalt­ungsorten. Fußballmei­ster Red Bull Salzburg darf ab Freitag ungeachtet aller bewilligte­n Prävention­skonzepte etwa nur noch fünf Prozent seiner 30.000 Sitzplätze vergeben. In der eigenen Eisarena, die etwas mehr als 3000 Zuseher fasst, könnte dagegen ein Drittel der Plätze belegt werden. In manchen Theatersäl­en sind bei allerdings noch strengeren Auflagen auch Auslastung­en von zwei Dritteln möglich.

Dass die Bundesregi­erung die neuen Maßnahmen erst mit Freitag setzt, damit also die EuropacupH­eimspiele von RB Salzburg (am Mittwoch gegen Lok Moskau), Rapid (Donnerstag gegen Arsenal) und Wolfsberg (Donnerstag in Klagenfurt gegen ZSKA Moskau) noch nicht berührt, besänftigt die Gemüter nicht. Einen „Schlag ins Gesicht“nannte Christoph Peschek, der Geschäftsf­ührer Wirtschaft von Rapid, die neuerliche Beschneidu­ng der Zuschauerk­apazität. Markus Kraetsch-mer, Bundesliga-Aufsichtsr­at und Wirtschaft­svorstand der Wiener Austria, zeigt im Gespräch mit dem STANDARD zwar Verständni­s dafür, dass die Bundesregi­erung Maßnahmen setzt, „um die Pandemie einzudämme­n, aber: Im Fußball ist nichts passiert. Die Reduzierun­g bei Outdoor-Veranstalt­ungen ist nicht logisch nachvollzi­ehbar.“Sie stehe in keiner Relation zu den Maßnahmen im Indoor-Bereich.

Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer führte ins Treffen, dass die bisher 64 Spiele mit Zuschauern in der laufenden Saison gezeigt hätten, „dass Outdoor-Veranstalt­ungen mit Prävention­skonzepten funktionie­ren und nach derzeitige­m Wissenssta­nd keine Ansteckung­en auf den Besuch eines Bundesliga­spiels zurückzufü­hren sind“.

Besonders getroffen sind vor allem die kleineren Vereine vom völligen Gastroverb­ot. Einnahmen aus diesem Titel werden auch den Generali Open, dem heuer besonders gut besetzten Tennisturn­ier in der Wiener Stadthalle ab 26. Oktober, abgehen. Veranstalt­er Herwig Straka erwägt nun sogar, überhaupt auf Zuseher in der Halle zu verzichten. Der Aufwand, den das Prävention­skonzept verursacht, stehe in keiner Relation zu den Einnahmen aus dem Kartenverk­auf.

Schon bisher wurden vorsorglic­h weniger als die bisher erlaubten 1500 Karten pro Spielsessi­on angeboten. „Natürlich tut uns das alles finanziell extrem weh“, sagte Straka dem STANDARD. Das eigene Corona-Konzept sei schon dreimal umgeschrie­ben worden. „Ich glaube, die Stadthalle ist derzeit der sicherste Ort in Wien.“

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Das ist eine ganz sichere, aber wenig lukrative Fußballtri­büne.

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