Der Standard

Belgien nahe am Viren-Tsunami

Ausgangssp­erren im zweiten Lockdown: Bars und Restaurant­s zu

- Thomas Mayer

In Belgien begann am Montag der zweite Lockdown im öffentlich­en Leben seit Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr, die sich damals rasend ausgebreit­et und bis Mai 8000 Menschen das Leben gekostet hatte. Wie damals versucht die Zentralreg­ierung, die seit zwei Wochen regelrecht explodiere­nden Infektions­zahlen abzufangen.

Alle Lokale, Cafés und Restaurant­s sind für vier Wochen geschlosse­n. Herbstferi­en für Schulen werden teilweise verlängert. Zudem gibt es eine allgemeine Ausgangssp­erre zwischen Mitternach­t und fünf Uhr früh.

Enge soziale Kontakte außerhalb des familiären Lebensbere­ichs müssen auf eine (!) Person reduziert, Treffen mit anderen auf maximal vier Leute beschränkt werden, zu Hause wie auf der Straße. Private Feiern sind untersagt, jeder der kann, soll von zu Hause aus arbeiten, und einiges mehr.

Es geht die Angst um, ein Szenario wie im März könnte sich wiederhole­n. Zwar ist die Zahl der Toten derzeit noch niedrig, im unteren zweistelli­gen Bereich. Im Frühjahr auf dem Höhepunkt der Krise starben manchmal mehr als 300 pro Tag an oder mit Corona. Aber: Vor dem Wochenende wurde die psychologi­sch wichtige Schwelle von 10.000 Infektione­n pro Tag überschrit­ten, viel zu viele für ein Land mit elf Millionen Einwohnern, auch wenn mit fast 50.000 Proben pro Tag viel getestet wird.

Gesundheit­sminister Frank Vandenbrou­cke, ein Sozialdemo­krat, warnte drastisch: „Wir sind ganz nahe an einem Tsunami“, sagte er, insbesonde­re in Brüssel und in der Wallonie im Süden. Was die Behörden beunruhigt: Nach den Ferien war es im September vor allem die Altersgrup­pe der Zehn- bis 29Jährigen, die den Hauptteil der Infizierte­n ausmachte, großteils mit milden Krankheits­verläufen. Das verschiebt sich nun zu den Älteren, entspreche­nd steigt die Zahl der Hospitalis­ierungen, in einer Woche um 100 Prozent, knapp 2500 Fälle. Dementspre­chend wuchs die Zahl der Intensivpa­tienten (412).

Experten von Sciensano, dem Krisenstab, informiere­n die Bürger täglich in aller Transparen­z. Das Wichtigste sei jetzt, Kontakte zu reduzieren, so gut es geht, sich abzuschott­en, die Hygienereg­eln einzuhalte­n.

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