Ringen um Lösung im Streit um Pfand
Wirtschaftskammer geht mit Zehn-Punkte-Plan in Verhandlungen mit Gewessler
Wien – Die Wien-Wahl ist geschlagen. Das dürfte Debatten um in der türkis-grünen Koalition heiß diskutierte Materien zumindest nicht abträglich sein. Eine besonders umstrittene liegt heute, Dienstag, wieder auf dem Tisch. Es geht um das Einwegpfand. Geht es nach der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler, soll ein solches das alte Sammelsystem für Plastikflaschen ablösen.
Nun wird das ursprünglich für die erste Oktoberwoche geplante Treffen mit Stakeholdern stattfinden. Es wurde ja abgesagt, weil sich Gewessler in Selbstisolation begeben hatte. Die Chancen auf eine Annäherung stehen nicht so schlecht: Nach der Wien-Wahl dürfte Zündstoff, der auch in dieser Sache für reichlich Reibung gesorgt hatte, weggefallen sein.
In die Verhandlungen gehen Befürworter wie Gegner mit ihrem jeweiligen Punkteplan. Während Gewessler mit dem bekannten „DreiPunkte-Plan gegen die Plastikflut“– eine Herstellerabgabe, eine Mehrwegquote in Supermärkten und ein Einwegpfand, der nicht nur auf Plastikflaschen, sondern auch auf Dosen eingeführt werden soll – ins Rennen geht, legt die Wirtschaftskammer ihren Zehn-Punkte-Plan auf den Tisch. Einige der Eckpunkte: eine österreichweit einheitliche Sammlung direkt in den Haushalten im gelben Sack oder in der gelben Tonne, mehr Aufklärung, neben herkömmlichen Mistkübeln eigene Wertstoffbehälter auf Spielplätzen, Wanderwegen und Radwegen. Zusammengefasst: bessere Erfassung von Wertstoffen, bessere Sortierung und Bewusstseinsbildung. So will man ohne Pfandsystem auskommen und dennoch die von der EU vorgegebene Sammelquote von 90 Prozent bis 2029 erreichen.
Bislang stieg der türkise Koalitionspartner bei dem Projekt kräftig auf die Bremse. Die ÖVP folgt den Bedenken der Austria Altstoff Recycling (ARA) und der Unternehmen, deren offizielle Vertreter in der Wirtschaftskammer (WKO) zu hohe Kosten für kleine Betriebe und die Konsumenten befürchten.
Die NGO Greenpeace hat am Montag noch einmal Befürworter eingeladen, ihre Argumente für die Einführung eines Einwegpfands vorzutragen. Die Wirtschaft bestehe nicht nur aus der WKO, die Horrorszenarien an die Wand male, sagt Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit. Er hebt lieber Pioniere wie Berglandmilch hervor. Dessen Geschäftsführer Josef Braunshofer spricht von der einzig richtigen Entscheidung, auf Mehrwegglas gesetzt zu haben. Wie Gerhard Zoubek, Geschäftsführer des Marchfelder Adamah-Biohofs, will er das Angebot im Mehrweggebinde ausbauen.
Anke Bockreis, Professorin für Abfallbehandlung und Ressourcenmanagement an der Uni Innsbruck, ist ebenso wie Egit überzeugt, dass ein „Drei-Punkte-Plan“nur der Anfang sein könne. Was die von der Wirtschaft befürchtete Kostenflut betrifft, so hält man mit der EUPlastikabgabe, die ab 2021 droht, und potenziellen Strafzahlungen bei Nichterreichen der Ziele entgegen. Bis Jahresende will man handelsein werden. (rebu)