ÖVP will Teiltaugliche ab 2021 einziehen, doch Grün bremst
Tanner pocht auf Wehrdienst in den unruhigen Zeiten
Trotz Verbesserungen für den Grundwehrdienst, die mehr junge Männer beim Bundesheer halten sollen, halten Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und ihre für den Zivildienst zuständige Regierungskollegin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) daran fest, ab dem Jahreswechsel auch teiltaugliche Burschen einzuziehen – wovon die Grünen aber erst noch überzeugt werden müssen.
In ihrem Regierungspakt haben Türkis und Grün zwar das türkisblaue Vorhaben fortgeschrieben, dass es künftig zwei Tauglichkeitsstufen geben soll, nämlich „volltauglich“und „teiltauglich“, um mehr Männer ab 18 in die Pflicht nehmen zu können. Doch hinter den Kulissen spießt es sich jetzt zwischen den Koalitionspartnern – aus mehreren Gründen.
Fest steht, dass für das Bundesheer wie die Blaulichtorganisationen seit Jahrzehnten die Zahl an Wehrpflichtigen zusammenschrumpft – wegen geburtenschwacher Jahrgänge und da zunehmend physische wie psychische Beeinträchtigungen geltend gemacht werden.
Konkret waren 2019 von 44.823 Stellungspflichtigen nur 29.833 tauglich – was etwa 66,5 Prozent entspricht. 9887 von ihnen, und damit etwa 22 Prozent, wurden als untauglich eingestuft. Bei 5103 Stellungspflichtigen, also an die 11,4 Prozent, blieb eine Einstufung vorläufig offen.
Pandemie und Terror
Von den Wehrpflichtigen entschieden sich im Vorjahr 16.317 für den Dienst an der Waffe – und damit 54,7 Prozent. 13.516 gaben eine Zivildiensterklärung ab, also rund 45,3 Prozent.
Obwohl Militärexperten insistieren, dass die derzeit neun Tauglichkeitsstufen zur Feststellung des Zustands bei der Musterung ausreichen und ein Herumdoktern daran nur einige Hundert zusätzliche Grundwehrdiener pro Jahr mehr bringe, bleibt Tanner auf STANDARD-Anfrage dabei, dass ab 2021 Teiltaugliche einrücken müssen, denn: „In Zeiten von Naturkatastrophen und Migration sowie von Pandemie und Terror zeigt sich, wie wichtig der Dienst für unsere Gesellschaft ist.“Zudem sei es ihr ein Anliegen, dass mit einem vermehrten Ableisten des Grundwehrdienstes das Bundesheer „verstärkt in die Mitte der Gesellschaft rückt“.
Angesichts des Tauziehens mit Grün um eine rasche Einführung der Teiltauglichkeit verweist man in der ÖVP auch auf „einen gültigen Regierungsbeschluss“, der von Tanner und Köstinger eingebracht wurde und in dem explizit festgehalten werde, dass die Neuerung mit 1. Jänner vorgesehen sei.
Doch die Grünen hegen gegen eine überstürzte Einführung Bedenken, wie deren Wehrsprecher David Stögmüller erklärt: „Ich sehe keinen Grund dafür, hier überhastet zu handeln. Dafür sind noch zu viele Frage offen.“
Mehr für Zivis gefordert
Er verweist darauf, dass eine Einführung der Teiltauglichkeit rechtlich als umstritten gilt: Gemäß einem Spruch des B und esv er wal tungs gerichtshofs Ende der Achtzigerjahre müssen für den Wehrdienst als fähig befundene Männer eine Waffe bedienen können und einem Mindestmaß an körperlicher Kraftanstrengung unterzogen werden können – selbst wenn sie sich für das Ableisten von Zivildienst entscheiden sollten, weil dieser als Ersatzdienst gilt. Auch Verfassungsrechtler haben bereits darauf hingewiesen, dass man schwer jemanden als wehr tauglich befinden kann, der von vornherein nur als bürotauglich gilt.
Dazu macht Stögmüller geltend: „Was passiert mit den Daten von Teil tauglichen beider Zivildienst service agentur–von der Lebensmittel unverträglichkeit bis zum Umstand, dass jemand im Rollstuhl sitzt?“, fragt der Grüne, der sichergestellt haben will, dass solche Daten – wenn überhaupt – nur äußerst behutsam verarbeitet werden.
Zu alledem wollen die Grünen vor einer Zustimmung auch Verbesserungen für Zivildiener: Sie begrüßen zwar, dass Grundwehrdiener, die ihren Dienst etwa für Assistenz einsätze an der Grenze um drei Monate verlängern, ab April mit rund 3000 Euro netto im Monat entlohnt werden. Ebenso sei mit Oktober das Tages kosten geld für die Verpflegung von Soldaten inflation san gepasst von vier auf fünf Euro erhöht worden.
Stögmüller besteht aber auch au feine Inflation san passung des Tagsatzes für Zivildiener, denen in ihren neun Monaten Dienst ebenfalls „angemessene Verpflegung“zusteht. Er möchte, dass die rund 15 Euro für Zivis auf 19,80 Euro angehoben werden.
Fest steht aber nur, dass Tanner und Köstinger demnächst zu einem Infotermin laden, wie die Stellung nun speziell „in Zeiten von Corona“abgewickelt wird.