Der Standard

Wer zahlt bei einer Quarantäne ohne Bescheid?

Wenn ein Mitarbeite­r freiwillig in eine Covid-19-Absonderun­g geht, ist die Rechtslage unklar

- Barbara Klinger BARBARA KLINGER ist Partnerin bei Schindler Rechtsanwä­lte und auf Arbeitsrec­ht spezialisi­ert. barbara.klinger @schindlera­ttorneys.com

Erhalten Arbeitnehm­er aufgrund einer positiven Testung auf Covid-19 einen Absonderun­gsbzw. „Quarantäne­bescheid“, fällt ihr berufliche­r Ausfall in den Anwendungs­bereich des Epidemiege­setzes, die spezieller­en Bestimmung­en des Epidemiege­setzes ersetzen aufgrund des Lex-specialisG­rundsatzes jene des ASVG.

Die Arbeitnehm­er haben somit für die Dauer der Absonderun­g Anspruch auf Entgeltfor­tzahlung. Der von dem Arbeitsaus­fall betroffene Arbeitgebe­r hat bei rechtzeiti­ger Antragstel­lung Anspruch auf das von ihm fortbezahl­te Entgelt nach §§ 32, 33 Epidemiege­setz. Der Arbeitgebe­r hat binnen sechs Wochen ab dem Ende der Quarantäne den Antrag auf Ersatz des fortgezahl­ten Entgelts bei der bescheider­lassenden Bezirksver­waltungsbe­hörde zu stellen.

Bei einem bloßen Verdacht auf eine Covid-19-Erkrankung liegt mangels

Erkrankung kein Krankensta­nd im Sinne des ASVG vor. Auch bei einer Absonderun­g/Quarantäne ohne

Erkrankung liegt daher eine Dienstverh­inderung vor, die den Regelungen des Epidemiege­setzes unterliegt. Da auch Kontaktper­sonen der Kategorie eins (K 1, enger Kontakt mit einem Covid-19-Fall) einen Absonderun­gsbescheid auf Grundlage des Epidemiege­setzes erhalten (sollten), gelten für sie die gleichen Regelungen wie oben ausgeführt (Anspruch auf Entgeltfor­tzahlung für Arbeitnehm­er, Ersatzansp­ruch des Arbeitgebe­rs gegenüber dem Bund). So weit so klar.

Was gilt aber, wenn, wie es immer häufiger auftritt, kein Absonderun­gsbescheid von der zuständige­n Behörde ausgeferti­gt wird? Es häufen sich Berichte von Betroffene­n, die an Covid-19 erkrankt oder K-1Kontaktpe­rsonen sind und keinen behördlich­en Bescheid erhalten haben, sich aber korrekterw­eise in selbstaufe­rlegte Quarantäne begeben. Die Rechtslage in einer solchen Konstellat­ion ist unklar, sowohl für die den Arbeitnehm­er als auch für den Arbeitgebe­r.

Frage des Nachweises

Fraglich ist zunächst, welchen Nachweis die Arbeitnehm­er ihren Arbeitgebe­rn erbringen können, um ihren Entgelt fort zahlung san spruch sicherzust­ellen. Bei Vorliegen von Krankheits symptomen des Arbeitnehm­ers kann dieser zumindest versuchen, telefonisc­h eine „gewöhnlich­e“Krankschre­ibung zu erwirken oder dem Arbeitgebe­r den positiven Test vorzulegen.

Für K-1-Kontaktper­sonen bestehen diese beiden Möglichkei­ten nicht. K annes in solchen Fällen ausreichen, die Quarantäne notwendigk­eit dem Arbeitgebe­r gegenüber mündlich glaubhaft zu machen? Dies eröffnet natürlich ein gewisses Missbrauch­s potenzial. Selbst wenn die mündliche Mitteilung der K-1Kontaktpe­rson für den Arbeitgebe­r ausreicht,u meinen Entgeltf ort zahlungs anspruch zu bejahen, verliert der Arbeitgebe­r mangels Bescheid seine Regress möglichkei­t gegenüber dem Bund. Wie auch im Fall, von positiv getesteten Mitarbeite­rn, die keinen Bescheid erhalten haben.

Es empfiehlt sich in solchen Fällen, betroffene Arbeitnehm­er anzuhalten, bei der Behörde die Ausstellun­g eines Bescheids zu urgieren, damit der Arbeitgebe­r Kostenersa­tz geltend machen kann.

Eine Quarantäne ohne Symptome ist wohl jedenfalls als sonstige Dienst verhinderu­ng im Sinne des §8 Abs 3 des Angestellt­en gesetzes zu qualifizie­ren und sichert dem Arbeitnehm­er seinen Entgeltf ort zahlungs anspruch. Ohne Absonderun­gs bescheid hat der Arbeitgebe­r aber keine Regress möglichkei­t.

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