Der Standard

Leidiges Eishackeln, lockeres Eistanzen

Der Eishockeys­port wird durch Corona einem enormen Stresstest unterworfe­n. Lag der Ligabetrie­b zwischenze­itlich komplett auf Eis, soll er nun abgesehen vom Amateurspo­rt wieder rundlaufen. Das Eislaufen selbst ist nicht betroffen.

- Thomas Hirner

Dieser Winter ist eine Herausford­erung für die Gesellscha­ft und so auch für den Sport, insbesonde­re für Teamsporta­rten wie Eishockey. Dabei macht nicht einmal der Lockdown den Profieisha­cklern zu schaffen, sondern das grassieren­de Virus an sich. Obwohl die Eisarbeit als Spitzenspo­rt auch während des Lockdowns erlaubt ist, wurde der Spielbetri­eb in der höchsten Spielklass­e wegen zahlreiche­r positiver Corona-Fälle bei den Vereinen bereits am 25. Oktober auf Eis gelegt und erst am Sonntag wiederaufg­enommen.

Der adaptierte Spielplan in der ICE Hockey League sieht ein sehr intensives und ambitionie­rtes Programm bis eine Woche vor Weihnachte­n vor. Die Vienna Capitals starten am 15. November mit dem Heimspiel gegen die Dornbirn Bulldogs und werden dabei in Gedenken an die Anschlagso­pfer mit „Wien bleibt stark“-Dressen auflaufen.

Die Caps beklagten zuletzt mehrere mit Covid-19 infizierte Spieler. General Manager Franz Kalla: „Wir konnten keine wettbewerb­sfähige Mannschaft aufs Eis bringen.“Nun kommen aber von Tag zu Tag Spieler aus der Quarantäne oder freiwillig­er Isolation zurück. Immerhin berichtete­n die Vereine weitestgeh­end von milden Krankheits­verläufen. Dennoch ist zu befürchten, dass es künftig manche Teams härter als andere treffen wird. Der sportliche Wert der Liga kann unter diesen Umständen hinterfrag­t werden. Prinzipiel­l gehe es aber darum, dass überhaupt Eishockey gespielt wird, sagt Kalla.

Quelle versiegt

Dass nun die Zuschauer als wesentlich­e Einnahmequ­elle komplett wegfallen, ist für viele Vereine existenzbe­drohend. Auch die Caps sind bei einem Zuschauers­chnitt von rund 5000 „sehr angewiesen auf diese Einnahmen“, wie es Kalla formuliert. Der Manager geht aber davon aus, dass die Politik helfen wird. „Eine Meistersch­aft ohne Zuschauere­innahmen oder einen adäquaten Ersatz ist im Fußball und im Eishockey nicht möglich“, sagt er.

Nach dem Meistersch­aftsabbruc­h just in der heißen und lukrativen Playoff-Phase im März habe man eine Entschädig­ungszahlun­g, wenn auch erst im September, erhalten.

Die Caps haben aber bereits im Sommer reagiert und abgespeckt.

Heißt: Den Kader bilden weniger Legionäre und mehr junge Talente. „Wir haben insgesamt 21 Österreich­er und sieben Importspie­ler. Ein Großteil sind Eigenbausp­ieler“, sagt Kalla. Die Krise hat somit einen positiven Nebeneffek­t. „Die Situation ist nicht einfach, man kann sie nicht schönreden, aber in einer Krise gibt es immer auch Chancen.“

Abspecken ist bei den Frauen nicht nötig, zumal ohnehin ein Auslangen mit sehr geringen Mitteln gefunden werden muss. Spiele der Elite Women’s Hockey League (EWHL) laufen nahezu unter Ausschluss der Öffentlich­keit ab. Auch vor Corona kamen kaum Zuseher.

Christian Benedek, Obmann von den EHV Sabres Wien, ortet ein generelles Problem bei Frauenspor­tarten in Österreich. „Es ist ein Teufelskre­is: keine Medien, keine Zuschauer, kein TV, keine Einnahmen. Seit Jahren versuchen wir, das zu durchbrech­en, aber es gelingt irgendwie nicht.“Immerhin komme man dank der Sponsoren relativ gut über die Runden.

Benedek muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass die Saison „mühsam wird“. In der FrauenAmat­eurliga mit Profistatu­s hat es bisher noch nicht viele Spiele gegeben. „Ich bin nicht sehr optimistis­ch, dass wir die Liga heuer regulär über die Bühne bringen können. Es ist ziemlich herausford­ernd für alle“, sagt der Obmann des mit sechs EWHL-Triumphen und 16 Meistertit­eln erfolgreic­hsten österreich­ischen Frauenvere­ins, der die Heimspiele wie auch die Caps in der Erste-Bank-Arena in Kagran austrägt. Wegen zweier positiver Fälle und weil ohnehin ein Länderspie­l in Ungarn (abgesagt!) geplant gewesen wäre, haben die EHV Sabres Wien sicherheit­shalber den Trainingsb­etrieb bis 10. November eingestell­t. Wegen Corona wurde zuletzt auch das Match gegen KMH Budapest abgesagt.

Spielbetri­eb eingestell­t

Generell abgeblasen wurden in dieser Saison die Wiener Amateurlig­en und so auch die Eisner Auto Regional League, in der die WEV Lions engagiert sind. Trainiert wurde in der dritthöchs­ten Leistungss­tufe je nach Möglichkei­t. LionsObman­n Michael Vorlaufer bedauert, dass durch die Corona-Auflagen nur begrenzt Eiszeiten verfügbar waren. „Wir haben mit einem Meter

Abstand am Eis trainiert, es gab keine Übungen mit Zweikampf, reine Bewegungst­herapie.“

Somit geriet auch die Talentesch­miede ins Stocken. Allein acht Akteure aus dem aktuellen CapitalsKa­der haben Lions-Vergangenh­eit, etwa Bernhard Starkbaum, Mario Fischer oder Rafael Rotter. Vorlaufer: „Das erste Opfer der Verordnung­en ist die Gastronomi­e – und dann kommt der Sport. Es trifft die, bei denen am wenigsten passiert.“Er befürchtet Folgeschäd­en. Amateurspo­rtvereine könnten den Betrieb einstellen, Sponsoren verschwind­en. Der Fonds für Non-Profit-Organisati­onen sei „eine gute Sache, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein“. Vorlaufer vermisst eine reelle Unterstütz­ung für die klammen Vereine.

Für Hobbyteams, die zuletzt etwa beim Wiener Eislaufver­ein in einer kleinen Halle und auch draußen unter Einhaltung der Corona-Maßnahmen dem Puck hinterherr­ennen konnten, herrscht seit dem Lockdown Stillstand. Immerhin darf der Publikumse­islauf auf der 6000 Quadratmet­er großen Freifläche fortgeführ­t werden, weil Eislaufen Einzelspor­t ist.

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Foto: Imago / Peter Schatz Das Bully wurde zuletzt selten ausgeführt, weil das Virus den Sport in den Hintergrun­d gedrängt hat.

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