Der Standard

OeNB sah Risiko, dass Commerzial­bank Konten erfindet

Nach Whistleblo­wer-Meldung 2015 erkannte Notenbank, Kreditkont­en könnten „einseitig angelegt werden“

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Wien – Im Eisenstädt­er U-Ausschuss zur Commerzial­bank Mattersbur­g sind die ersten Befragunge­n vorbei; der Whistleblo­wer 2015 war nicht unter den Zeugen.

Er hat sich am 25. Juni 2015 auf der Whistleblo­wer-Plattform der FMA gemeldet und Tipps bezüglich Malversati­onen von Bankchef Martin Pucher und angeblich Eingeweiht­en gegeben. Die FMA bat daraufhin die Prüfer aus der Nationalba­nk (OeNB) um ihre „Wahrnehmun­gen“dazu; sie hatten im FMA-Auftrag gerade eine Vor-Ort-Prüfung abgeschlos­sen, ihr Bericht war schon fertig.

Malversati­onen fanden die Prüfer nicht. Auch nicht, nachdem sie noch einmal nachgescha­ut hatten, diesmal in Kenntnis der Vorwürfe des Whistleblo­wers. Das erschließt sich aus dem fünfseitig­en OeNB-Bericht

„Erkenntnis­se aus der Vor-Ort-Prüfung (...) zur Whistleblo­wer-Meldung“, den DER STANDARD kennt. Hier Zitate zu den Vorwürfen:

Eingeweiht­e Sie wurden nicht mit den Vorwürfen konfrontie­rt – weswegen die Prüfer „den Wahrheitsg­ehalt der Whistleblo­wer-Meldung zwangsläuf­ig nur unvollstän­dig beurteilen“könnten.

Von Pucher verteiltes Bargeld „Es ergaben sich während der Prüfung keine Verdachtsm­omente“, auch da „konnten aber kaum gezielte Prüfungsha­ndlungen gesetzt werden.“

Schaden bis zu 50 Mio. Euro Das erscheine „nicht plausibel“. Es „wäre unwahrsche­inlich, dass eine Malversati­on in dieser Größenordn­ung nicht bereits aufgefalle­n wäre“.

Fingierte Konten und „heillose“Überziehun­gen darauf Man habe in der Vor-Ort-Prüfung standardmä­ßig Kontoüberz­iehungen evaluiert, so die Prüfer. Aus denen seien keine in der Meldung angeführte­n Auffälligk­eiten ableitbar.

Kontonumme­r -58 Auch die vom Tippgeber erwähnte Kontonumme­r gebe es nicht. Allerdings erwähnten die Vor-Ort-Prüfer ausdrückli­ch, dass „viele Kreditverg­aben auf Basis interner Rahmen, d. h. ohne Kreditvert­rag, teilweise auch bei hohen Obligos, vorgenomme­n werden“. Bei ihrer Schlussfol­gerung dazu kamen sie der Realität recht nahe. „Dabei könnten natürlich auch Konten einseitig durch die Bank angelegt werden. Diese internen Rahmen bzw. -kredite sind in den internen Systemen nicht als solche gekennzeic­hnet. Auf das damit verbundene operatione­lle Risiko ist hinzuweise­n.“

Trotzdem gaben die Prüfer (unter Erwähnung ihrer begrenzten Recherchem­öglichkeit­en) Entwarnung: „Der Vorwurf konnte nicht bestätigt werden“, schrieben sie der FMA zusammenfa­ssend. Die teilte das der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft mit, bei der der Tippgeber auch Anzeige erstattet hatte. Die WKStA nahm daher keine Ermittlung­en auf.

Heute weiß man, dass Pucher und seine Kollegin seit mehr als 20 Jahren Konten erfanden, Millionen an Bargeld abflossen. Der Masseverwa­lter sieht ein „Versagen des nationalen Banken-Aufsichtss­ystems“, die Aufseher orten dagegen einen Betrugsfal­l. Sie grenzen sich gemäß OeNB-Gouverneur Robert Holzmann so ab: Man sei „Bankenaufs­icht und nicht Bankenpoli­zei“. (gra)

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