Ein Tor geht um die Welt
Valentino Lazaro hat einen Treffer für die Nachwelt erzielt. Sein Kunstwerk vermochte Gladbachs Niederlage gegen Leverkusen nicht zu verhindern. Aber für den Teamspieler kann es wegweisend sein.
Mit dem realen Treffen wurde es doch nichts. Corona wirft sämtliche Pläne über den Haufen. Valentino Lazaro konnte Montagmittag nicht in den Presseklub Concordia, er liegt im Zentrum Wiens, kommen. Natürlich hätte er Maske getragen. Aufgrund der Ereignisse um Red Bull Salzburg, die positiven Tests, blieb er im Hotel, es wurde aus der Blase gezoomt. Wobei der 24-Jährige die Maske nicht abgelegt hat, seine Worte trotzdem verstanden wurden.
Am Sonntagabend hatte Lazaro Aufsehen erregt, der Fußball schreibt immer noch schöne Geschichten, das gibt ein bisschen Hoffnung. In den sozialen Medien war der Teufel los, keine Shitstorms, sondern positive Fassungslosigkeit. Was war passiert? Nachspielzeit bei Bayer Leverkusen gegen Borussia Mönchengladbach, die Partie war gegessen, Leverkusen führte 4:2. Und dann flankte Gladbachs Patrick Herrmann in den Strafraum, es bahnte sich eine Annäherung zwischen
Ball und Lazaro an. Daraus wurde eine wunderbare Beziehung, ein „Scorpion Kick“, wie Fachmänner und Fachfrauen sagen.
Der Österreicher, der Inter Mailand gehört und an Gladbach verliehen wurde (plus Kaufoption), hatte den Ball seitlich in der Luft liegend und mit dem Rücken zum Tor per Ferse ins linke Eck befördert. Das hatte viel von Zlatan Ibrahimovic, zum Tor des Jahres sollte es allemal reichen. Die Niederlage hat es nicht verhindert. Ästhetik und Kunst schlugen Sinn und Wert.
Für Liebhaber
Die Reaktionen waren ausufernd. Leverkusens Torhüter Lukas Hradecky verneigte sich symbolisch, immerhin war er Teil des Gemäldes: „Ich habe keinen Hut auf meinem Kopf, aber: Valentino, geiles Tor, ey.“Trainer Marco Rose hatte es live als Eigentor interpretiert, sah die Wahrheit, den „Scorpion“, erst aufgezeichnet in der Kabine. „Herausragend. Trotz der Niederlage erfreut
so ein Moment jeden Fußballliebhaber.“Julian Baumgartlinger hatte übrigens ein wichtigeres Tor, das 4:2 für Leverkusen, erzielt. Aber darüber wollte niemand sprechen, vom Teamkapitän abgesehen.
Lazaro ließ also am Tag danach in Wien den Geniestreich Revue passieren. „Es war bewusst, ich habe es probiert, und es ist gelungen. Darauf bin ich stolz. Vielleicht war es das Tor meines Lebens, aber ich möchte entscheidende Tore machen.“Einen Vergleich mit Ibrahimovic lehnte der Ex-Salzburger ab, das gebietet die Bescheidenheit.
Lazaro hat einen harten Weg hinter und auch vor sich. Ein Muskelbündelriss in der Vorbereitung stoppte sämtliche Ambitionen. Langsam gewöhnt er sich an Kurzeinsätze. „Es geht Schritt für Schritt.“Während die meisten Profifußballer überbeansprucht sind, „freue ich mich auf jede Minute“. Am Mittwoch im Test gegen Luxemburg sollten es viele Minuten werden, in der Nations League gegen
Nordirland und Norwegen gar keine. „Teamchef Franco Foda, Rose und ich haben das so ausgemacht.“Natürlich leide auch er, Lazaro, unter der Pandemie. „Herausfordernde Zeiten, die leeren Stadien, es ist ein verrücktes Jahr.“
Keine Sinnfrage
Ob ein Match bei den Luxemburgern unter diesen Voraussetzungen Sinn macht, weiß Lazaro nicht. Trainer Luc Holtz hat angekündigt, die meisten Stammkräfte zu schonen. Wie auch Foda. „Ich bin Spieler, und wenn ich einberufen werde, komme ich.“Er fühle sich pudelwohl im Nationalteam, die Qualität sei hoch, die Entwicklung passe. „Die Kritik wird stärker, weil die Erwartungshaltung steigt. Das ist positiv.“
Sein Tor gegen Leverkusen hat er sich mehrmals angeschaut. Und wird es immer wieder tun. „Egal, was in meiner Karriere noch passiert, das bleibt.“Am Mittwoch passiert sein 29. Länderspiel. Lazaro hält bei drei Treffern.